Freilassing:Mit der Lokomotive im Kreisverkehr

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Viele Kommunen kommen mit der Gestaltung ihrer Kreiselkunst ästhetisch arg ins Trudeln. Nicht so die Stadt Freilassing.

Kolumne von Matthias Köpf

So ein Kreisverkehr soll ja viele Vorteile haben, aber ohne Nachteile sind die natürlich wieder nicht zu haben. Ein Nachteil wäre zum Beispiel die vergleichsweise große Fläche, die auch ein kleinerer Kreisel schon einnimmt. Und eine noch viel größere Herausforderung ist dann oft die Fläche, die er gerade nicht einnimmt. Denn auf einer Kreuzung stünden halt einfach Autos und ein paar zweitrangige andere Verkehrsteilnehmer herum. Die Mittelinsel eines Kreisverkehrs aber scheint geradezu auf ihre Gestaltung zu warten wie das Bullseye auf den Dartpfeil. Nicht jeder landet da nur Volltreffer, und viele Kommunen kommen mit ihrer Kreiselkunst ästhetisch sogar arg ins Trudeln. Nicht so die Stadt Freilassing, die ihren Kreisverkehr an der B 304 jetzt ebenfalls besetzt hat, und zwar ganz massiv: Vom Strom der Autos umstrudelt steht da neuerdings, schwarz und ungerührt, nichts Geringeres als eine Lokomotive.

Eigentlich ist es nur eine Kleinlokomotive mit Ölmotor und Flüssigkeitsgetriebe, also eine Art Mofa unter den Schienenfahrzeugen. Menschen, die Loks genauso gern mögen wie die Freilassinger, nennen sie kurz "Köf". Jetzt ist das natürlich keine Kunst, einfach eine Lok in den Kreisel zu stellen, aber schwer war es trotzdem, denn auf die Mittelinsel führen keine Schienen. Das Gleis haben sie dort erst verlegen müssen, ehe sie mit einem Kran die Lok draufgesetzt haben. Für eine Runde wie auf Lummerland bei Jim Knopf und Lukas, dem Lokomotivführer, reicht der Platz auf der Verkehrsinsel leider nicht. Das ist besonders für die Autofahrer schade. Denn so wie im Bahnhof manchmal nicht gleich klar ist, ob jetzt der eigene Zug losfährt oder der am Bahnsteig gegenüber, so könnte auch die Köf innen im Kreisel gegen die Fahrtrichtung zirkulieren und den Autofahrern bei Stau wenigstens kurz das Gefühl geben, sie kämen selbst voran.

Sonst hat Freilassing aber genug Schienen, denn die Eisenbahner-Stadt ist überhaupt erst entstanden, weil 1860 die Linie München-Salzburg und später die nach Reichenhall und Mühldorf in Betrieb gingen. Im Vergleich zu allen anderen Freilassinger Gleisen außer Gleis 1 hat das eine Gleis im Kreisel aber noch einen klaren Vorteil: Über die B 304 ist es wenigstens barrierefrei erreichbar.

© SZ vom 30.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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