Flüchtlinge:Blinde Passagiere trotz Kälte

Lesezeit: 1 min

Güterzug-Kontrollen am Brenner sind weitgehend wirkungslos

Von Matthias Köpf, München

Trotz winterlicher Temperaturen mit zweistelligen Minusgraden versuchen weiterhin viele Migranten als blinde Passagiere auf Güterzügen von Italien nach Deutschland zu gelangen. Die gemeinsamen Kontrollen, die italienische, österreichische und deutsche Polizisten seit dem Herbst noch auf italienischem Boden am Brenner vornehmen, erweisen sich als weitgehend wirkungslos. Diese Kontrollen haben am 7. November begonnen - zunächst auf Probe bis zum 15. Dezember. Nach einer entsprechenden Regierungs-Vereinbarung wird seit 8. Januar auf Dauer kontrolliert. Zugleich sieht sich die Bundespolizei weiterhin zu eigenen Stichproben und Schwerpunkt-Aktionen im bayerischen Grenzgebiet veranlasst.

Während des knapp sechswöchigen Probebetriebs am Brenner wurden nach Angaben des deutschen Innenministeriums 65 Güterzüge kontrolliert und dabei 21 illegale Einreisen verhindert. Aus Sicht des Ministeriums belegen diese Kontrollen "die gut funktionierende internationale grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Polizeibehörden". 65 Züge fahren allerdings oft schon an einem einzigen Tag über den Brenner Richtung Norden. Die Dichte der gemeinsamen Stichproben ist also gering - offenbar zu gering, um Migranten von einer Fahrt abzuhalten, mit der sie ihr Leben aufs Spiel setzen. Denn wer sich nicht in einem unverplombten Container oder hinter einer aufgeschlitzten Plane verbergen kann, drückt sich in die metallenen Mulden über den Fahrgestellen der Waggons. Der Fahrtwind dort ist schon bei viel höheren Außentemperaturen eisig, auch im Sommer hat die Bundespolizei immer wieder zitternde, stark unterkühlte Menschen von den Zügen gezogen. Im Januar griff sie in Bayern nach Angaben des Münchner Präsidiums 43 blinde Passagiere auf, im Februar 21 - bei einer völlig unklaren Zahl unentdeckter Einreisen. Erst vor einigen Tagen waren am Rangierbahnhof München Nord acht Männer aufgefallen, von denen nach eigenen Angaben vier aus Nigeria, drei aus Gambia und einer aus Kamerun stammen. Anfang Februar wurde am Rangierbahnhof Ost eine nigeriansche Familie mit einem zehn Monate alten Kleinkind entdeckt, die schwangere Frau war ebenso unterkühlt wie das Kind und ihr Begleiter. Bisher sind in Bayern zwei Migranten auf ihrer Reise von Güterzügen überrollt und getötet worden.

© SZ vom 02.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: