FC-Bayern-Präsident Hoeneß:Der ehrbare Kaufmann

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Gewerkschafter werfen Uli Hoeneß vor, seine Mitarbeiter im Wurstwarenunternehmen Howe unter Tarif zu bezahlen und einen Betriebsrat zu verbieten. Hoeneß findet das eine Sauerei - und lobt Oskar Lafontaine.

Olaf Przybilla

Vor dem Rathaus in Nürnberg haben Demonstranten ein Plakat auf dem Boden platziert. Man sieht springende Rostbratwürste darauf, und der Text dazu legt nahe, dass diese Fröhlichkeit vom bereits existierenden Schutzverband für die Nürnberger Rostbratwurst herrührt. So einen Verband zum Schutz der Würste, spricht der Mann am Megaphon, "müsste es hier auch zum Schutz von Menschen geben".

Uli Hoeneß gibt gerne den großzügigen Spender, wie hier Weihnachten 2009, als er 1500 Bratwürste für einen guten Zweck zur Verfügung stellte. Die Belegschaft in Hoeneß´ Wurstfabrik findet ihren Chef hingegen gar nicht so spendabel. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) fordert das für alle Bratwurstfabrikanten von Nürnberg. Vor allem aber soll an diesem Abend Uli Hoeneß getroffen werden, denn ihn hat die Nürnberger Handelskammer gebeten, über "Fair Play" von Unternehmern zu referieren. "Für uns ist eine Farce", schimpft einer der Gewerkschafter vor dem Rathaustor.

"Verlieren können wir alle"

Kaum mehr als zwei Stunden, bevor Uli Hoeneß in Nürnberg eingetroffen ist, hat die Gewerkschaft ein Schreiben verschickt mit Vorwürfen gegen die Howe Wurstwaren KG. An ihr ist Uli Hoeneß als Gesellschafter beteiligt, sein Sohn Florian führt die Geschäfte. Die Gewerkschaft wirft dem 1982 von Uli Hoeneß gegründeten Nürnberger Unternehmen vor, es entlohne Arbeitnehmer in der Bratwurst-Füllerei mit 1380 Euro brutto, obwohl man dort bei Nässe und Kälte arbeiten müsse.

Zudem hätten die Beschäftigen keine "betriebliche Interessenvertretung". Es werde nicht nach Tarifvertrag bezahlt, das Unternehmen setze verstärkt auf Leiharbeit und befristete Arbeitsverträge. Die Angst um den Arbeitsplatz verhindere, dass sich Gegenwehr entwickele. Im Grunde, schimpft eine Gewerkschaftssekretärin, seien die Würste "besser geschützt als die Beschäftigten in den Herstellungsbetrieben".

Auf die Reden vor dem Rathaustor wird Uli Hoeneß kaum eingehen an diesem Abend bei der IHK. Im Saal geht es mehr um den Aufstieg des FC Bayern zu einem erfolgreichen Wirtschaftsunternehmen. Nur ganz am Ende, sein letzter Satz, lässt erahnen, wie es rumort in Hoeneß. "Verlieren können wir alle", sagt er, "auch die Gewerkschaften."

Vor dem Referat bei der IHK aber hat man im kleineren Kreis jenen Hoeneß erleben können, wie ihn einst Christoph Daum erleben musste, als er den FC Bayern anzuschießen versucht hat. Mit dem Unterschied, dass Hoeneß in Nürnberg von seinem Sohn, dem Firmenchef, unterstützt wird. Er sei "stinkwütend", hebt Uli Hoeneß nicht leise an. Was die Gewerkschaft da über die Firma verbreite, sei "erstunken und erlogen", ergänzt sein Sohn.

Wie kaum ein anderes Unternehmen in der Fleischindustrie setze Howe auf eine Stammbelegschaft von 180 Mitarbeitern, Saisonarbeiter seien in der Fabrikation von Bratwürsten unvermeidbar. Auch dass es keine Interessensvertretung im Betrieb gebe, sei nicht wahr. Sechs ausgewählte Mitarbeiter würden zur Beratung herangezogen. Einen Betriebsrat gebe es in der Tat nicht. Aber die Mitarbeiter hätten das bisher auch nicht gefordert.

Wird der Name Hoeneß instrumentalisiert?

Dass man in der Fleischindustrie kein Vermögen verdienen können, sei kein Geheimnis, keilt Florian Hoeneß. Dass die Kritik nun aber ganz gezielt an Howe gerichtet werde und dass wenige Stunden, bevor sein Vater über den "ehrbaren Kaufmann" referieren soll, findet er "schlicht und ergreifend infam". Die Gewerkschaft versuche, den Namen Hoeneß zu instrumentalisieren. "Zumal kein Gewerkschaftler mit uns gesprochen hat, bevor diese Unwahrheiten in die Welt gesetzt worden sind", schimpft sein Vater.

Die Demonstranten vor der Rathaustür passiert an diesem Abend nur Florian Hoeneß. Die meisten Gewerkschafter erkennen ihn nicht. Uli Hoeneß kommt auf einem anderen Weg ins Rathaus, vor der Tür schimpft der Mann mit dem Megaphon: "Das ist doch sonst nicht seine Art." Als Uli Hoeneß im Saal später über Wirtschaftsethik spricht, wie er sie versteht, merkt der Moderator an: "Das hätte jetzt auch von Oskar Lafontaine stammen können." Der, erwidert Hoeneß, erzähle "auch nicht immer nur Falsches".

© SZ vom 02.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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