Fall Schottdorf:Abweichende Aussagen von LKA-Beamten

  • Der Untersuchungsausschuss Labor kämpft mit widersprüchlichen Zeugenaussagen von Top-Ermittlern des Landeskriminalamts.
  • Ein LKA-Führungsmann verneinte am Dienstag bei seinem Zeugenauftritt im Landtag jede Einflussnahme auf die Betrugsermittlungen gegen Ärzte.
  • Der frühere Dezernatsleiter war in den vergangenen Wochen vom früheren Leiter der SoKo Labor und zwei weiteren untergebenen LKA-Leuten bei deren Zeugenauftritten bezichtigt worden, er habe die Ermittlungen in den Jahren 2007 und 2008 gebremst.

Von Stefan Mayr

Je länger der Untersuchungsausschuss Labor im bayerischen Landtag andauert, desto mehr werden die widersprüchlichen Aussagen. Erst vergangene Woche hatte ein Beamter des Landeskriminalamts (LKA) ausgesagt, dass er die Verkleinerung der Sonderkommission Labor im Jahre 2009 nicht nachvollziehen konnte, weil es sehr wohl genügend Arbeit gegeben habe. Am Dienstag hingegen beteuerte der damalige Dezernatsleiter Bernhard Egger, die Reduzierung sei sinnvoll gewesen. Er begründete dies mit der Tatsache, dass die Aufgaben weniger geworden seien und dass parallel aufwendige Ermittlungen wie das Siemens-Verfahren gelaufen seien.

Damit widersprach er wiederum einer Antwort der Staatsregierung auf eine Anfrage der Grünen aus dem Jahr 2010. Damals hatte das Justizministerium betont, auch bei einer weiterhin 17 Köpfe starken Soko "wäre ausreichendes Personal" für den Fall Siemens zur Verfügung gestanden. Welche Aussage nun stimmt, ist auch elf Monate nach der ersten Ausschuss-Sitzung ungeklärt. Inzwischen haben vier Polizisten ausgesagt, die Ermittlungen gegen den umstrittenen Augsburger Labor-Unternehmer Bernd Schottdorf sowie Tausende Ärzte seien von höherer Stelle behindert worden. Andererseits beteuern mehrere Beamte, sie hätten keinerlei Unregelmäßigkeiten bemerkt.

Der Untersuchungsausschuss soll klären, ob die bayerischen Strafverfolgungsbehörden aufgrund politischer Einflussnahme die Ärzte davonkommen ließ, obwohl sie sich durch betrügerische Abrechnungen von Laboruntersuchungen jahrelang eine goldene Nase verdienten. 2009 lief ein Pilotverfahren gegen einen Münchner Arzt, dieses endete mit einer Haftstrafe. Anstatt dieses Urteil abzuwarten, stellte die Staatsanwaltschaft Augsburg zahlreiche Verfahren ein oder ließ sie verjähren. Der Ausschuss wird voraussichtlich noch bis ins Jahr 2016 dauern, die Staatsanwälte werden erst im Herbst befragt.

Als ebenfalls langwierig entpuppt sich die Strafanzeige des ehemaligen Soko-Leiters Stephan Sattler gegen den CSU-Abgeordneten Hans Reichhart. Sattler wirft dem Politiker Verleumdung vor, weil dieser ihn in einer Ausschuss-Sitzung im März attackiert hatte. "Sie handeln grob rechtswidrig und gehen am Gesetz vorbei wie nochmal was", hatte Reichhart damals in öffentlicher Sitzung zugerufen. "Das Gesetz interessiert Sie überhaupt nicht." Dieser Vorwurf blieb eine Woche lang unwidersprochen - bis der Ausschuss-Vorsitzende Alexander König in der nächsten Sitzung klarstellte, dass sich Sattler nicht rechtswidrig verhalten hatte.

Sattler reichte seine Anzeige Mitte April ein, auf eine Entscheidung wartet er bis heute. Inzwischen wurde der Fall von der Staatsanwaltschaft München II an die Staatsanwaltschaft Landshut weitergereicht. Dort läuft derzeit ein sogenanntes Vorermittlungsverfahren. "Wir prüfen, ob ein Anfangsverdacht vorliegt", sagt der stellvertretende Pressesprecher Klaus Ruhland. Wie lange diese Prüfung noch dauert, dazu machte Ruhland keine Angaben.

Im Ausschuss am Dienstag artikulierte LKA-Abteilungsleiter Bernhard Egger seine Verwunderung über die Verfahrenseinstellung durch die Augsburger Staatsanwälte: "Ich war überrascht, dass es zu diesem Zeitpunkt kam, weil wir hatten noch das Pilotverfahren." Den Vorwurf, er habe die Ermittlungen behindert, bezeichnete er dagegen als "absurd". Egger gilt als Soko-interner Gegenspieler des Hauptzeugen Robert Mahler, der die Affäre Schottdorf mit seinen Vorwürfen ("Justizskandal") ins Rollen gebracht hat. Vergangene Woche hatte ein LKA-Kollege im Ausschuss ausgesagt, dass Egger und Mahler 2008 im Flur aneinander geraten waren. Ob er ihm wirklich Strafvereitelung vorwerfe, habe Egger lautstark gefragt. Mahler habe geantwortet: "Was ist es sonst, wenn ich neue Belege finde und Sie mir weitere Ermittlungen verbieten?" Der Zeuge berichtete, er habe über diesen Disput einen Aktenvermerk geschrieben. Dieser sei allerdings verschwunden.

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