Nürnberg:Ein Held namens Fahrkartenautomat

Nürnberg: Ach, du armer Automat. Du leistest stets treu deine Dienste - und statt dass man es dir dankt, wirst du kaputt gemacht.

Ach, du armer Automat. Du leistest stets treu deine Dienste - und statt dass man es dir dankt, wirst du kaputt gemacht.

(Foto: Olaf Przybilla)

300 Mal hat eine Frau in Nürnberg einen Fahrkartenautomaten demoliert. Warum nur? Er ist doch so ein guter Mensch.

Von Olaf Przybilla

Fahrkartenautomaten gehören ja zu der Sorte Mensch, die es niemandem recht machen können. Was übrigens, das wollte man lang schon mal loswerden, an Ungerechtigkeit kaum zu überbieten ist. Der U-Bahn-Automat erspart einem das Gespräch mit dem Kioskbetreiber, er bewahrt selbst in den Tagesrandlagen stoisch Contenance, hält so lange unerschütterlich seine Klappe, wie es nur gerade geht, und quatscht einen ausschließlich dann von der Seite an, wenn jemand glaubt, ihn maßlos mit großen Scheinen vollstopfen zu müssen.

Das ist jedenfalls in Nürnberg so, aber auch dann bleibt der Ton stets formvollendet höflich und unverbindlich. Der Automat weist in solchen Fällen lediglich darauf hin, dass er auf einen großen Schein nun mit der Herausgabe eines kleineren zu reagieren gedenke. Ein guter Mensch ist er, der Automat.

Empörendes hat sich im Nürnberger Süden zugetragen

Schon deshalb ist es so empörend, was sich da im Nürnberger Süden zugetragen hat. Fast 300-mal hat dort eine Dame einen von ihnen malträtiert, sie hat erbarmungslos Wasser in seine Schlitze gespritzt und ihn handlungsunfähig gemacht. Immer wieder ging das so, immer an derselben Stelle in Nürnberg-Süd. 300-mal haben er und seine Kollegen das über sich ergehen lassen, und 300-mal haben sie geschwiegen, man möchte fast sagen: heldenhaft.

Der Automat wurde repariert, aber mitunter war es so schlimm, dass er sich abtransportieren lassen und ein Kollege übernehmen musste im U-Bahn-Geschoss. Manchmal dachte man, die Sache wäre nun vorbei, die Heimsuchung zu Ende, aber es ging immer weiter, die Frau kam immer wieder mit ihrer gemeinen Spritzpistole. Zehntausende Euro hat das alles gekostet, aber was sind schon materielle Werte in so einem Fall?

Warum die Frau, die Automaten-Schinderin, das getan hat? Man weiß es nicht, sie schweigt. Es soll sich aber um eine Kioskbetreiberin handeln.

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