Einzelhändler:Gemeinsam für den Offline-Handel

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Der verkaufsoffene Sonntag gehört zu den Klassikern im Marketing des Einzelhandels. Städte können sich so ein positives Image schaffen. (Foto: Gero Breloer/dpa)

Erstmals zeigt eine Studie, welche Strategien den Geschäftsleuten im Kampf um die Kundschaft helfen

Von Markus Mayr, München

Die Philharmonische Klangwolke wabert einmal jährlich zur langen Einkaufsnacht durch Bad Reichenhall. Aus allen Geschäften der Innenstadt tönen dann die hiesigen Philharmoniker, übertragen vom lokalen Radiosender. Straßen und Gassen sind voller potenzieller Kunden. Gemeinschaftsprojekte des lokalen Handels wie dieses ziehen Besucher an und sind gut für das Image einer Stadt. Davon ist Christian Hörmann überzeugt. Immer mehr inhabergeführten Geschäfte und Betriebe würden verschwinden, "die Umsätze stagnieren", sagt der Kommunal- und Unternehmensberater. Der stetig wachsende Online-Handel setze die Einzelhändler zusätzlich unter Druck. "Wenn wir auch in Zukunft lebendige Innenstädte haben wollen, dann brauchen wir solche Aktionen", sagt er.

Für den Handelsverband Bayern hat Hörmann erstmalig untersucht, wie wirksam gemeinschaftliche Aktionen der Händler einer Kommune sind. Eine "typische Frage" von Geschäftsleuten sei das, sagt er, auf die es bisher keine belastbare Antwort gegeben habe. Deshalb befragte Hörmann knapp 500 quer über die bayerische Landkarte verteilte Unternehmen, städtische Angestellte und Werbegemeinschaften nach ihren Erfahrungen mit Werbe- und Sonderverkaufsaktionen. Am Donnerstag stellte Hörmann die Studie auf dem Tag des oberbayerischen Handels in Fürstenfeldbruck vor.

Die bei der Auswertung der Ergebnissen entstandene Broschüre ist durchaus als Leitfaden für Unternehmensverbände und Kommunen zu verstehen, die noch nicht das passende Verkaufsevent gefunden haben. Zur Stärkung des Wir-Gefühls innerhalb einer Kommune etwa taugt - ganz klassisch - die gemeinsame Werbung, zum Beispiel mit einem Branchenheftchen. Ein solches wird, wie die Befragung zeigte, in Bad Kissingen jedem Übernachtungsgast bei seiner Ankunft überreicht. Zusammen veranstaltete Markttage dagegen steigern die Besucherfrequenz, allerdings nur kurzfristig. Wer diese langfristig in die Höhe treiben will, sollte sich demnach eher einen Online-Marktplatz eröffnen, an dem möglichst alle örtlichen Händler beteiligen sind. Der Gewerbetreibenden liebstes Verkaufsevent aber ist der verkaufsoffene Sonntag, gefolgt von der langen Einkaufsnacht. Die längeren Öffnungszeiten steigern den Umsatz, so die Befragten. Die Shopping-Nacht in Reichenhall - in der Broschüre zur Studie als ein gutes Praxis-Beispiel ausgewiesen - poliert zudem das Image der Stadt.

Dass die Klangwolke in Reichenhall verbunden mit den offenen Geschäften Synergien freisetzt, das wusste Hans Hartmann bereits, bevor er an der Studie teilnahm. "Wenn alle zusammen was machen, bringt das mehr, als wenn einer allein loslegt", sagt Hartmann, der Sprecher des Innovationsklubs des Reichenhaller Gewerbevereins. Die in den Abend hinein verlängerte Shoppingmöglichkeit soll natürlich mehr Umsatz bringen. Sollte sich die Aktion an dem einen Abend nicht so recht im Kassenbuch niederschlagen, so ist das Hartmann zufolge aber überhaupt kein Problem. Die Besucher der langen Nacht kämen anderntags auf jeden Fall wieder, sagt er. Und viel mehr noch als um den Umsatz geht es Hartmann stellvertretend für den Reichenhaller Handel darum, mit "tollen Events" Besucher in den Ort zu locken. Und dieser Plan scheint aufzugehen: Touristen würden ihren Urlaub bereits so legen, dass dieser die lange Einkaufsnacht mit einschließt, berichtet Hartmann.

Die Reichenhaller Gewerbetreibenden sind demnach zufrieden. Für alle unzufriedenen Händler, die zu Hörmanns Vortrag am Donnerstag erschienen sind, hat der Berater beruhigende Worte parat: Selbst düsterste Prognosen sprächen dem Online-Handel künftig nur einen Marktanteil von 30 Prozent zu. Selbst im schlimmsten Fall blieben dem stationären Handel in den Innenstädten 70 Prozent.

© SZ vom 21.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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