Hypo-Kulturstiftung:Wie denkmalgeschützte Bauten eine Zukunft haben

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Das mit bescheidenen Mitteln gerettete Weber-Häusl in Pfaffenhofen. (Foto: Hypo-Kulturstiftung)
  • Die Jury des renommierten Denkmalpreises der Hypo-Kulturstiftung war schwer von dem renovierten Haus beeindruckt.
  • Den zweiten Platz bekommt ein Baudenkmal im Ensemble der Altstadt von Kallmünz, dritter wird ein Vierseithof in Denharten/Tann.
  • Der Denkmalpreis der Hypo-Kulturstiftung wird seit 30 Jahren vergeben.

Von Hans Kratzer, München

Vor acht Jahren hat sich Maria Magdalena Cetinbas in ein riskantes Abenteuer gestürzt. Es war weder ein Fallschirmsprung noch eine Tour auf den Everest, vordergründig war ihr Projekt viel bescheidener. Mitten in Pfaffenhofen an der Ilm kaufte sie ein abbruchreifes Häusl, und das, "obwohl ich eigentlich arm bin und kaum Geld besitze", wie sie freimütig erzählt. Die logische Folge: "Ich habe schwere Zeiten durchgemacht!" Dennoch hat es die Malerin und Restauratorin geschafft, das marode Kleinbauernhaus in ein Kleinod zu verwandeln und damit ein liebenswertes Stück Heimat zu retten.

Cetinbas hat mit ihrer aussichtslos scheinenden Sisyphusarbeit viele Menschen verwirrt. "Die schüttelten bloß noch den Kopf, wenn sie an meiner Bauruine vorbeigingen!" Aber sie hat vielen auch eine Freude bereitet. Erst in diesen Tagen flatterte eine Postkarte in ihr Haus: "Hallo!", steht darauf geschrieben, "dies ist eine kleine Auszeichnung. Ihr Haus ist das liebevollste in ganz Pfaffenhofen. Ich freue mich jedesmal, wenn ich vorbeifahre. So schön! Alles Liebe . . ."

An diesem Donnerstag erhält Maria Magdalena Cetinbas eine weitere Belobigung ihrer Arbeit, nämlich den renommierten Denkmalpreis der Hypo-Kulturstiftung. Auch die Jury reagierte auf das renovierte Haus schwer beeindruckt. "Reparatur und Erhaltung des Weber-Häusls sind in vielerlei Hinsicht vorbildlich", begründete sie ihre Entscheidung. Für die Zürcher Professorin Uta Hassler hat das Projekt Vorbildcharakter: "Hier ist alles klug und poetisch, richtig und bescheiden, einfach gut gemacht."

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Seit 30 Jahren wird der Denkmalpreis der Hypo-Kulturstiftung vergeben. Die vielen prämierten Gebäude vermitteln das Bild einer intakten bayerischen Denkmallandschaft. Doch der Schein trügt. Gerade im Bauwesen sind die Zeiten extrem kurzlebig geworden, 30 Jahre gelten angesichts der rapiden Kapitalisierung aller Lebensbereiche durchaus als eine lange Distanz. Dies zieht natürlich die Frage nach sich, ob Denkmalpreise überhaupt noch eine Zukunft haben. Für Uta Hassler, die Jury-Vorsitzende für den Denkmalpreis der Hypo-Kulturstiftung, steht die Legitimation einer solchen Auszeichnung außer Frage. "Schließlich hilft sie uns, das Nachdenken über die langfristige Erhaltung von Werten und Gebäuden zu verbessern."

Denkmäler werden immer stärker als Last betrachtet, wodurch die Interessen von Investoren behindert werden. "Von diesem Denken müssen wir weg", sagt Hassler, "unser Ziel muss die langfristige Erhaltung von kulturellen Werten sein." Leider gebe es zurzeit Gewinnspannen im Immobilienbereich, die über den Renditen des Kapitalmarkts liegen. Da wird der Schutz des Erbes schnell zur Nebensache. "Die Erhaltung des Erbes gelingt nur, wenn sie nicht nur institutionell durchgesetzt wird. Solide Objekte, darum geht es, nicht um kurzfristige Erträge."

Einer wie Ludwig Bäuml stärkt die Hoffnung, dass nicht alles Traditionelle den Bach hinunter schwimmt. Auch er bekommt einen Hauptpreis - für die jahrzehntelange Sanierung des Bertholzhofener Schlösschens, einem Baudenkmal im Ensemble der Altstadt von Kallmünz. 1987 hat er das aus dem 17./18. Jahrhundert stammende Gebäude in einem bedauerlichen Zustand erworben. Bäumls Geschichte ist ähnlich berührend wie jene von Maria Magdalena Cetinbas.

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(Foto: Hypo-Kulturstiftung)

Der dritte Hauptpreis: ein stattlicher Vierseithof in Denharten/Tann.

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(Foto: Hypo-Kulturstiftung)

Blick in das renovierte Bertholzhofener Schlösschen in Kallmünz.

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(Foto: Hypo-Kulturstiftung)

Bauliches Detail aus dem Weber-Häusl in Pfaffenhofen.

Der Künstler schuf in langjähriger Arbeit einen kulturellen Mittelpunkt für die Stadt. Obwohl auch er nur bescheidene finanzielle Mittel zur Verfügung hatte, fand er bei der Renovierung eindrucksvolle Lösungen für viele Details. "Chapeau, großartig!", urteilte die Jury. "Mit viel Geld wäre die Renovierung schnell umzusetzen gewesen", sagt Bäuml, "so aber wuchsen wir mit dem Haus." Innehalten, Beobachten, sich Zeit lassen, das waren die Werte, die dieses Projekt getragen haben. Die Idylle wurde 1999 durch eine Krebserkrankung seiner Frau jäh zerstört. 2010 war der Kampf verloren. Nach einer Zeit der Leere und Kraftlosigkeit setzte Bäuml die Renovierung erst 2012 wieder fort.

Ein Beispiel für die Landwirtschaftsgeschichte des Rottals

In eine andere Richtung zielt der dritte Hauptpreis, der an einen stattlichen Vierseithof in Denharten/Tann (um 1850) geht, bestehend aus einem Wohnstallgebäude, einer Remise mit Troadkasten, einem Stadel, einem Stallgebäude mit Heuboden und einem Wagenschuppen. Das Anwesen wurde einst zeittypisch in handwerklich sehr qualitätvoller Blankziegelbauweise errichtet. Dieses Baudenkmal steht exemplarisch für die traditionsreiche Landwirtschaftsgeschichte des Rottals.

Aber auch solche stolzen Höfe sind in Bayern in ihrem Bestand gefährdet. In der modernen Landwirtschaft werden die Scheunen und Stallgebäude kaum noch bewirtschaftet, vielfach werden sie durch moderne Wohnhäuser und Zweckbauten ersetzt. Winfried Warner aber nutzt Haupthaus und Nebengebäude weiter und begegnet dem Verlust der tradierten Bewirtschaftungsstruktur mit der Erhaltung historischer Substanz.

Weiternutzen auf möglichst hohem Niveau. Das ist ein Rezept, das der Jury-Vorsitzenden Hassler als Modell künftiger Denkmalpflege vorschwebt. Auch geschützte Objekte verändern sich in Raum und Zeit. Die mit dem Preis der Hypo-Kulturstiftung bedachten Bauwerke zeigen aber, dass vor allem die Haltung der Besitzer darüber entscheidet, ob denkmalgeschützte Bauten eine Zukunft haben.

© SZ vom 13.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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