Debatte über Fall Mollath:Was die Justiz lernen sollte

Merk weist im Rechtsausschuss Kritik im Fall Mollath zurueck

Justizministerin Beate Merk spricht im Landtag über den Fall Mollath.

(Foto: dapd)

Im Landtag ist Justizministerin Merk im Fall Mollath ins Kreuzfeuer genommen worden. Doch in der Causa geht es inzwischen gar nicht mehr um ihren Rücktritt, sondern um etwas viel Bedeutsameres: Ist die Justiz in der Lage, aus ihren Fehlern zu lernen?

Ein Kommentar von Olaf Przybilla

Am Donnerstag hat der Landtag zum dritten Mal innerhalb kürzester Zeit über die Sache Gustl Mollath debattiert. Er tat dies in einem deutlich sachlicheren Ton als in den Tagen zuvor. Und das ist gut so. Denn was dieser Mann momentan als letztes brauchen kann, ist eine schrille Instrumentalisierung seines Falles als Politikum.

Denn es geht in der Sache Gustl Mollath inzwischen um etwas ganz anderes, um etwas viel Bedeutsameres als die Frage, ob etwa eine Justizministerin zurücktreten muss oder nicht und zwar darum, ob die Justiz in der Lage ist, sich einen einmal eingeschlagenen Weg noch einmal ganz neu anzuschauen - und sich selbst schonungslos zu überprüfen dabei. Es geht also darum, ob auch in der Justiz etwas möglich ist, was in jeder anderen gesellschaftlichen Sphäre von elementarer Bedeutung ist: um die Chance einer Selbstreinigung.

Formaljuristen pflegen darauf zu antworten: Nirgends sonst wird soviel überprüft wie in der Justiz. Das stimmt, einerseits. Andererseits sind alle diese Prüfinstanzen - der Bundesgerichtshof etwa oder Strafvollstreckungskammern - offenkundig nicht gefeit gegen die fatalen Konsequenzen eines Folgefehlers. Wer einmal in der Akte stehen hat, er leide unter Wahnvorstellungen von Schwarzgeldgeschäften, der läuft womöglich Gefahr, diesen Vermerk nie wieder loszubekommen. Der eine Gutachter schreibt es von dem anderen Gutachter ab, und Strafvollstreckungskammern übernehmen diese Weisheiten im Zweifelsfall ungeprüft. Das lehrt die Causa Mollath.

Niemand sollte so tun, als ob er in der Sache Mollath immer schon richtig gelegen und alles gewusst habe. Weder Gutachter noch die Justiz oder Politiker - und auch nicht die Medien. Denn keiner kannte vor zwei Monaten schon sämtliche Details, die in der Sache inzwischen ans Tageslicht gekommen sind.

Genau deshalb wäre es nun ein Zeichen von Stärke, sich zu besinnen. Der Kristallisationspunkt hierfür wird sein, ob das Landgericht Regensburg einem Wiederaufnahmeantrag stattgibt - oder nicht Man kann nur hoffen, dass das Gericht diesem Antrag zustimmen wird.

Denn sich zu irren ist menschlich. Einen möglichen Irrtum nicht zu überprüfen, wäre in diesem Fall: unmenschlich.

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