Dalai Lama in Passau:"Wir alle wollen Glück erleben"

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Wo sonst der Aschermittwochs-Krawall stattfindet, hat nun der Dalai Lama einen Preis empfangen. Das Oberhaupt der tibetischen Buddhisten zu Besuch in der Passauer Dreiländerhalle - mitten im katholischen Niederbayern.

Max Hägler

Es funktioniert: Die Passauer kommen nicht nur wegen Fischsemmeln, Bier und christsozialem Krawall in die Dreiländerhalle. An diesem Dienstag ist der Dalai Lama in die Kultstätte des politischen Aschermittwochs gekommen - und das Haus ist voll.

Immerwährende Hoffnung und die Besinnung auf die inneren Werte predigt der Dalai Lama bei seinem Besuch in der Passauer Dreiländerhalle. (Foto: AFP)

Peter Maffay, Roland Koch, der Abt von Metten und ganz normale Passauer, die "sonst ab und an zum Aschermittwoch" schauen, haben sich versammelt. Natürlich geht es darum, zu trommeln. Für Niederbayern. Und für die Veranstalter, die Verlagsgruppe Passauer Neue Presse, die ihm einen Preis überreicht, Menschen in Europa genannt. Dafür gibt es im Gegenzug einen buddhistischen Schal für Verlegerin Angelika Diekmann.

Aber der Dalai Lama ist einer der bekanntesten Friedensvermittler, der oberste Repräsentant des tibetischen Buddhismus. Und so trommelt er seinerseits: Lange Nasen sollten Journalisten haben, damit sie hinter die Fassaden der Mächtigen blicken können. Der Religionsführer weiß, wer ihn eingeladen hat. Für Frieden und Toleranz wirbt er und für Demokratie, deren Zustand er in Deutschland bewundere. Zumindest für eine gute Stunde macht der Dalai Lama, wie zu erwarten war, Passau zum kontemplativen Zentrum.

"Wir alle sind gleich, wollen Glück erleben, kein Leiden", beschwört er die Leute. Jeder habe einen Körper und dazu Emotionen. Um beides müsse man sich sorgen, sonst gehe es den Menschen so wie einigen seiner Freunde. Die seien zwar Milliardäre, aber sie sähen nicht wirklich glücklich aus, hätten zu viele Ängste. Mehr Aufmerksamkeit müsse man auf die inneren Werte legen.

Natürlich ist eine niederbayerische Hörerschaft in dieser Anzahl konservativ und katholisch geprägt. Vielleicht deshalb hat man auch noch Roland Koch dazu geholt, als Übersetzer und Überzeuger gewissermaßen. "Wir kennen uns recht gut, wir vertrauen uns, wir wissen sehr viel voneinander", sagt Koch. Ein Treffen unter Freunden also, dessen Zustandekommen wohl einfacher wurde, weil Koch sich als hessischer Ministerpräsident zurückgezogen hat.

Der Dalai Lama kennt die Umstände offensichtlich, wie er überhaupt viel Deutsches kennt. Er spricht von der politischen Laufbahn Kochs, die zur Ruhe gekommen sei - und lacht dabei gackernd.

Die Haltung des immerwährenden Hoffens

Was der CDU-Ruheständler dem obersten Buddhisten erzählt hat, fragt Moderatorin Gundula Gause leider nicht. Aber wenigstens stellt Koch klar, wieder begleitet vom Schmunzeln des Dalai Lama, worüber die Zuschauer ebenfalls einige Zeit gerätselt haben: "Ich bin und bleibe Katholik!" Der geistige Führer der Buddhisten sei ein Vorbild für Frieden und auch für den Kampf für die Freiheit der Völker. Das habe ihn schon in seinen Zeiten als Funktionär der Jungen Union fasziniert. Vor allem eines habe er gelernt in der Zusammenarbeit, meint Koch: dass man die Hoffnung nie aufgeben dürfe.

Der Dalai Lama gebe seine Heimat Tibet nicht auf, kämpfe seit Jahrzehnten friedlich darum. Wenn Tibet jedoch zugrunde gehe, mahnt Koch auch, dann seien diejenigen bestätigt, die sagen, dass man nur mit Waffen seine Interessen durchsetzen könne.

Ob Koch die Grundhaltung des immerwährenden Hoffens auch für sich selbst und die deutsche Politik in Anspruch nimmt, das wird an diesem Tag auch nicht beantwortet. Überhaupt ist eine milde Stimmung eingekehrt. Der Passauer Bischof Wilhelm Schraml ist zwar verhindert - die Tagung mit seinen Kollegen in Fulda geht vor. Aber der Generalvikar immerhin ist gekommen und redet von "interreligiösem Dialog" und dass seine Heiligkeit die Menschen zusammenführen könne.

"Ein bisserl mehr genuschelt als die Redner beim Aschermittwoch", habe der Dalai Lama, sagt eine Passauerin am Ende. "Aber eigentlich war's interessanter."

© SZ vom 22.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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