CSU und Asylpolitik:Ein Zurück gibt es nicht mehr

Lesezeit: 1 min

Bayerns Asylpolitik ist geprägt vom Prinzip, Flüchtlinge aus dem Land zu ekeln. Nun rückt die CSU erneut von Grundpositionen ab und will - sofern es nicht bei Worten bleibt - Flüchtlingen das Leben erleichtern. Diese Kehrtwende ist überfällig, allerdings ist mit unerfreulichen Spätfolgen zu rechnen.

Ein Kommentar von Dietrich Mittler

Bayerns Sozialministerin Emilia Müller (CSU) ist kaum im Amt, da verkündet sie bereits eine Wende in der Asylpolitik: Sie will weg von den Essenspaketen und diese durch Geldleistungen ersetzen. Sie kündigt zudem eine dritte Erstaufnahmeeinrichtung an, und sie plädiert dafür, dass Asylbewerber künftig schneller eine Arbeitserlaubnis bekommen. Das alles sind Ziele, gegen die sich die CSU bislang beharrlich gesperrt hat. Dafür wurden die Christsozialen oft in die Kritik genommen - und das zu Recht.

Es ist klar, dass Müller nicht alleine hinter dieser Wende steht. Der Anstoß kommt letztlich von Ministerpräsident Horst Seehofer. Gegnern und Parteifreunden gleichermaßen fallen beim Stichwort Seehofer Vokabeln wie "unberechenbar" ein.

Wer jemals glaubte, die CSU zu kennen, hat sich bereits in der zurückliegenden Legislaturperiode eines Besseren belehren lassen müssen - sei es der von Seehofer propagierte Ausstieg aus der Atompolitik, sei es der Wandel beim Donauausbau in Niederbayern. In atemberaubender Geschwindigkeit wird einmal mehr deutlich, dass es für die CSU trotz gewonnener Wahl und Alleinherrschaft kein Zurück mehr zu überkommenen Grundpositionen gibt. Oppositionsarbeit im Landtag wird damit erneut ein Stück schwieriger.

ExklusivAsylpolitik in Bayern
:Ende der Abschreckung

Paradigmenwechsel beim Umgang mit Flüchtlingen in Bayern? Sozialministerin Haderthauer hat angekündigt, den umstrittensten Satz im Asylrecht streichen zu wollen. Schon einmal hatte sie einen solchen Vorstoß unternommen - konnte sich in der CSU aber nicht durchsetzen.

Von Mike Szymanski

Am Beispiel Asylpolitik zeigt sich jedoch, dass der Umschwung mehr als überfällig war. Bayerns Asylpolitik ist in vielen Belangen immer noch geprägt vom Prinzip, Flüchtlinge aus dem Land zu ekeln. Damit könnten die Ordnungspolitiker in der Partei auch nach wie vor gut leben. Nicht jedoch damit, was diese Asylpolitik ungewollt ins Rollen gebracht hat: eine Radikalisierung der Asylbewerber, die so weit geht, dass Menschen bei Hungerstreik-Aktionen ihr Leben riskieren. Mehr als einmal drohte die Lage außer Kontrolle zu geraten.

Der jetzige Umschwung - sofern es nicht bei Worten bleibt - wird die Lebensbedingungen für die Asylbewerber verbessern. Doch die alte Linie wirkt nach. Es ist mit unerfreulichen Spätfolgen zu rechnen. Gerade erst sind zum Beispiel Asylsuchende, untergebracht im niederbayerischen Böbrach, nach München gekommen. Sie wollen der Öffentlichkeit kundtun, dass sie auf keinen Fall mehr in ihre entlegene Einrichtung zurückkehren werden. Das ist das Erbe der alten CSU-Asylpolitik. Es bleibt zu hoffen, dass sie nun ein Ende findet.

© SZ vom 31.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: