Blattmacher 2016/2017:Aufbruch ins Internet

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Welche Ausstattung muss es sein, welches Darstellungsformen sind die richtigen? Die Nachwuchsjournalisten der Schülerzeitungen aus ganz Bayern diskutieren einen Tag lang über ihre digitalen Zeitungen. (Foto: Natalie Neomi Isser)

Viele Schülerzeitungen erscheinen nicht mehr nur in gedruckter Form, sondern auch online. Im Hochhaus der Süddeutschen Zeitung treffen sich junge Redakteure aus ganz Bayern, um sich über ihre Arbeit auszutauschen

Von Theresa Krinninger, München

Sie stecken die Köpfe zusammen, überlegen, diskutieren, schreiben auf: Photoshop, InDesign, Wordpress, Content-Management-System - das sind für die Nachwuchsjournalisten keine Fremdwörter mehr. 75 Schüler haben sich um die Tische versammelt, aus ganz Bayern sind sie an diesem Donnerstag nach München gereist. Auf dem Stundenplan steht der Workshop der Süddeutschen Zeitung, Thema: Die digitale Schülerzeitung. "Wir wollen das Internet nicht unterschätzen", sagt der Gymnasiast Leo Beer. Er ist Chefredakteur der Radikarls am Karlsgymnasium in München-Pasing. "Für die Schüler ist es viel praktischer die Website aufzurufen, als nur einmal im Jahr in die Schülerzeitung zu schauen", sagt Beer. Er und seine Kollegen wollen die Online-Ausgabe dazu nutzen, aktueller und vielseitiger zu berichten. Das gilt auch für die anderen sechs Redaktionen, die am Donnerstag ihre Online-Projekte vorstellen. Sie gehören zu den Online-Pionieren der Schulredaktionen.

Laut einer aktuellen Studie des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) haben knapp 99 Prozent aller deutschen Jugendlichen ein Smartphone und einen Computer inklusive Internetzugang. 65 Prozent der Zwölf- bis 19-Jährigen besitzen zusätzlich einen Tablet-Computer. Trotzdem ist das Internet für Schülerzeitungen immer noch Neuland. Als Digital Natives sind es Schüler zwar gewohnt, Angebote im Netz zu konsumieren, selbst welche zu machen, das erfordert erweiterte digitale Kenntnisse.

Eigentlich klingt es doch ganz einfach: Website einrichten, Artikel einstellen, Bilder und Videos hochladen und fertig ist die Online-Zeitung. Praktisch sieht es anders aus. Darüber wollen sich sieben Schülerredaktionen austauschen, von den Erfolgen und Fehlern der anderen lernen. Zum zweiten Mal veranstaltet die Süddeutsche Zeitung den Workshop in Kooperation mit dem Kultusministerium und der Bundesvereinigung Jugendmedienbildung. Seit zwölf Jahren richtet die SZ in Kooperation mit dem Kultusministerium zudem den Blattmacher-Wettbewerb aus, bei dem die besten Schülerzeitungen gekürt werden. Immer öfter sind Online-Schülerzeitungen unter den Einsendungen. 2017 waren es knapp 20 Online-Bewerbungen.

Auch Staatssekretär Georg Eisenreich aus dem Kultusministerium ist gekommen, um mit den Schülern über die Vorteile einer Online-Zeitung zu reden. "Die Schüler können aktuell und multimedial arbeiten." Außerdem fallen die Druckkosten weg. Das ist für viele Schüler der Hauptgrund, auf Online umzusteigen. Eisenreich zufolge verbinden Online-Schülerzeitungen mehrere Bildungsziele. "Die Schüler erwerben Medienkompetenz, entwickeln Haltung und können bei Entscheidungen teilhaben", sagt Eisenreich.

Bevor es in den Workshop geht, stellt jede Schule - teils im heimischen Dialekt - kurz ihre Online-Zeitung vor. Die Bandbreite ist groß, keine Schülerzeitung gleicht der anderen. Der Verweis der Fach- und Berufsoberschule in Augsburg kommt in knalligem Giftgrün daher. Ihre Rubriken haben die Schüler in die sieben Todsünden unterteilt. Der Olymp des Arnold-Gymnasiums in Neustadt bei Coburg hat sogar einen eigenen Online-Fernsehkanal. Die Schwabacher Online-Redaktion des Adam-Kraft-Gymnasiums beschäftigt sich im Sidekick kritisch mit Computer-Killer-Spielen. Und die Realschule Arnstorf setzt auf ein interkulturelles Online-Projekt: Deutsche und rumänische Schüler schreiben etwa darüber, warum Rumänen nicht "Roma" genannt werden wollen. Die Jungredakteure der Radikarls am Karlsgymnasium haben ihren eigenen Fashion Blog und beim Eigenleben der Klara-Oppenheimer-Schule dreht es sich mitunter um den guten Start ins Berufsleben. Aber auch die Jüngsten von der Grundschule in Tussenhausen haben sich sehr liebenswert mit Rotstift in die digitale Welt vorgewagt.

Nach der Präsentation folgt der eigentliche Hauptteil: Das World Café. Dabei gehen die Schüler von Tisch zu Tisch und diskutieren über Fragen: Welche Ausstattung braucht eine Online-Schulredaktion, welche journalistischen Darstellungsformen sind geeignet und warum entscheidet man sich für das System Wordpress anstatt für Tumblr? Viele haben bereits eine Online-Umfrage gestartet, oder einen QR-Code im Druckheft. Bemerkenswert ist auch, dass viele Schüler nicht nur Youtube-Videos in ihre Texte einbinden, sondern ihre Clips teils selbst produzieren und schneiden. Das Ergebnis des Workshops soll, ganz im Zeichen des Projekts, ein Online-Handbuch werden, indem alle Schüler nachblättern können.

© SZ vom 07.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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