Bildung:Besser essen mit Hotte Karotte

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Frühstück ist wichtig, das lernen die Grundschüler beim Aktionstag zum Lehrbuch Ernährungskompass sofort. Aber was darf ins Müsli? Getreide, Obst, Joghurt, Milch oder Mandeldrink und Nüsse. Honig ist erlaubt, Zucker nicht. (Foto: Baywa-Stiftung)

Die Baywa-Stiftung hat ein eigenes Programm für Schüler entwickelt, das die Kinder für ausgewogene Ernährung begeistern soll. Zwar gibt es bereits verschiedene Initiativen, doch der Bedarf ist immer noch groß

Von Anna Günther, München

"Hey, ich bin die Heidi, das süße Früchtchen. Der Hochsommer ist einfach meine Jahreszeit." Wer jetzt an Privatfernsehen denkt, liegt grundfalsch. Heidi ist eine Himbeere und soll Grundschüler zusammen mit Hotte Karotte, Olli Olive, Kalle Kartoffel und Elsa Eiweiß für gesundes, ausgewogenes Essen begeistern. Ernährungsmediziner der TU München haben mit der Baywa-Stiftung den Ernährungskompass entwickelt. Mit Bildern, Karikaturen und Tipps bringen Kalle Kartoffel und Kollegen Kindern nahe, was Kohlehydrate sind, was sie im Körper bewirken, dass mageres Fleisch und Vollkorn gesünder sind als fettes Fleisch und Weißmehl, und dass es auch gute Fette gibt.

500 000 Euro investiert die Stiftung jedes Jahr in das Ernährungsprogramm, zu dem neben dem Schulgartenbau und gemeinsamem Kochen auch der Ernährungskompass samt Unterrichtsmaterialien gehört. Ziel des Projektes sei es, Kindern Spaß an gesunder Ernährung zu vermitteln, sagt Stiftungsgeschäftsführerin Maria Thon. Expertise im Bereich Landwirtschaft hat die Baywa, Auslöser für die Offensive zur Ernährung waren Studien, die bei immer mehr Kindern Übergewicht und Gesundheitsrisiken feststellten.

Das Problem ist seit langem bekannt: Auch die neueste Kiggs-Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland, die das Robert-Koch-Institut in Berlin seit 2003 durchführt, bestätigt, dass 15 Prozent der Mädchen und Buben an Übergewicht leiden, als fettleibig gelten sechs Prozent. Das Risiko nimmt mit dem Alter zu, Kinder aus sozial schwachen Milieus sind eher betroffen. Schulen, Verbände und Politik haben längst darauf reagiert. Gesunde Ernährung ist schon in der Grundschule Pflichtstoff. Schauspielerin Uschi Glas bringt Grundschülern in sozialen Brennpunkten mit ihrem Verein BrotZeit Frühstück, die Europäische Union und der Freistaat investieren Millionen ins Schulfruchtprogramm. Es gibt diverse Initiativen für mehr Bewegung und gesunde Ernährung. Und nun auch noch das Lehrbuch der Baywa-Stiftung. Die Frage drängt sich auf: Braucht's das überhaupt?

Die Regensburger Schulleiterin Beate Müller findet, ja. An ihrer Grundschule laufen mehrere Programme, es gibt für 246 Mädchen und Buben gesundes Frühstück und das Schulfruchtprogramm. Trotzdem forderte Müller die Unterlagen der Baywa-Stiftung an. Seit 30 Jahren ist sie Lehrerin. Wichtig waren gesunde Ernährung und Bewegung immer, sagt Müller, aber heute, wenn beide Eltern arbeiten, bleibe selten Zeit für Frühstück oder das Pausenbrot. "Es gibt Eltern, die das einfach nicht mehr leisten können." Und viele, denen das Wissen fehlt. "Wir sehen die Entwicklungen, die Gewichtszunahmen, die fehlenden Pausenbrote", sagt die Lehrerin. Also müssten die Schulen diese Aufgabe übernehmen und die Erwachsenen von morgen informieren, damit diese ihr Wissen einmal weitergeben. Das hofft die Pädagogin. Deshalb liege auf richtigem Essen und Bewegung ein Schwerpunkt, sagt Müller. Eltern und Firmen sponsern zum Beispiel einen Ernährungsberater, der den Kinder mehr über Stoffwechsel beibringt und was Nährstoffe im Körper bewirken. Am Ende der vierten Klasse habe jeder Schüler einen Hefter beisammen, mit dem sich auch die Eltern informieren können.

Gerade weil an der Kreuzschule viel zum Thema geboten ist, seien Impulse wichtig. "Externe Experten mit frischer Sicht und Dynamik ins Haus zu holen, bringt immer einen Mehrwert. Ausschlaggebend aber ist das Material", sagt Müller. Das Buch sei "hervorragend". Sie bekam nicht nur den Klassensatz des Ernährungskompass', sondern auch Besuch von Ernährungspädagogen und der mannshohen Karotte Hotte, die an einem Aktionstag mit Schülern spielten, gesundes Frühstück besprachen und zubereiteten. Der Motivation der Kinder habe das einen Schub verliehen, sagt Müller.

Die Baywa-Stiftung wirbt mit der Unterstützung des Schulministeriums. Dort sieht man den Ernährungskompass neben der Leitlinie Lebensökonomie des Instituts für Schulqualität und Bildungsforschung als ein Angebot von vielen: "Die Lehrer entscheiden, ob und welche Materialien sie im Unterricht einsetzen", heißt es.

© SZ vom 12.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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