BayernLB-Untersuchungsausschuss:Ex-Sparkassenchef Naser - jetzt redet er doch

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Erst schwieg er, nun äußert er sich doch: Ex-Sparkassenpräsident Naser stellt vor dem BayernLB-Ausschuss seine Sicht der Dinge dar. Investor Tilo Berlin ist weniger gesprächig.

Birgit Kruse

Geduldig lässt Siegfried Naser das Blitzlichtgewitter der Fotografen über sich ergehen. Geduldig blickt er in die Kameras, die sich vor ihm im Sitzungssaal 1 des Bayerischen Landtages aufgebaut haben. Er muss sich an ihnen vorbeidrücken, um die Vorsitzenden des Ausschusses zu begrüßen. Die Kameras wollen dieses Bild einfangen. Doch die Show stiehlt ihm der stellvertretenede Ausschussvorsitzende: "Es freut mich sehr, Sie so früh wieder zu sehen", sagt Harald Güller (SPD), als er ihm die Hand schüttelt.

Kam, schwieg und ging wieder: Der Finanzinvestor Tilo Berlin, der im Verdacht steht, sich beim Kauf der Hypo Alpe Adria durch die BayernLB bereichert zu haben. (Foto: dpa)

Erst vor wenigen Tagen hatte Naser im Untersuchungsausschuss für einen Eklat gesorgt: Er hatte geschwiegen, obwohl er sich als ehemaliger Verwaltungsratschef nicht auf ein Aussageverweigerungsrecht berufen kann. Auch eine Ordnungsstrafe in Höhe von 1000 Euro konnte ihn nicht zum Reden bringen. Erst die Androhung einer Beugehaft hat bei dem ehemaligen Sparkassenpräsidenten zu einem Sinnenswandel geführt. Es habe Vorkommnisse im Vorfeld seiner Aussage gegeben, die ihn zum Schweigen veranlasst hätten, sagt er heute.

Heute will Naser reden. Kaum haben die Kameras und Fotograden den Sitzungssaal verlassen, setzt er sich. Die schwarze Aktentasche neben sich auf dem Boden, seine Aussage akkurat zusammengelegt vor sich. Auf einen Rechtsbeistand verzichtet er diesmal. Knapp eineinhalb Stunden liest er Seite für Seite vor. Ein paar handschriftliche Aufzeichnungen befinden sich zwischen den Zeilen. Nur an wenigen Stellen gerät er ins Stocken.

Doch seine Aussage ist klar: Der Kauf der Kärntner Skandalbank Hypo Group Alpe Adria (HGAA) durch die Bayerische Landesbank war "strategisch sinnvoll und richtig". Auch er habe den "Einstieg für richtig gehalten." Das Geschäft hatte der BayernLB - und damit den bayerischen Steuerzahlern - einen Verlust von 3,7 Milliarden Euro eingebracht.

Naser sagt, er habe stets nach "bestem Wissen und Gewissen" gehandelt. Die BayernLB habe sich Anfang des Jahrzehnts in einer schweren Krise befunden und ein neues Geschäftsmodell benötigt. "Eine befriedigende Antwort, so jedenfalls meine Wahrnehmung, hatten wir nicht", sagt Naser. "Eine BayernLB als Bayernbank wäre vermutlich nicht überlebensfähig gewesen."

Er selbst habe eine Fusion mit einem stärkeren Partner wie der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) favorisiert. Das verhinderte nach Nasers Angaben aber die Staatsregierung. Deswegen sei ihm dann der Kauf der HGAA als strategisch richtig erschienen. Die Finanzkrise "ungeheuren Ausmaßes", die ein Jahr später ausbrach, sei 2007 nicht erkennbar gewesen. "Es gab damals nichts für den Verwaltungsrat Erkennbares, was gegen den Kauf gesprochen hätte."

Berlin schweigt

Auch nach der Prüfung aller ihm zu Verfügung stehenden Unterlagen habe Naser "keinerlei Unregelmäßigkeiten" erkennen können, sagt er. Auf die vom Vorstand vor dem Kauf präsentierten Unterlagen "konnten, durften und mussten wir uns verlassen", betont Naser. Der Vorstand habe aber im Sommer 2007 den abschließenden Prüfbericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young nicht übermittelt - warum, wisse er nicht. "Aber ich breche den Stab nicht leichtfertig über den Vorstand der BayernLB."

Zudem sei der Vewaltungsrat "nicht in der Lage und berechtigt", die vom Vorstand zur Verfügung gestellten "Vorlagen an sich" auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Dazu hätte auch keinen Anlass gesehen, immerhin waren der damalige Vorstandschef Werner Schmidt und dessen Kollegen in seinen Augen ein "korrekter und fähiger Vorstand".

Zuvor muss der Investor Tilo Berlin aussagen. Keine zehn Minuten hat sein Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss gedauert. Zu sagen hätte er vielleicht viel. Immerhin war Berlin maßgeblich am Verkauf des österreichischen Finanzinstituts Hypo Alpe Adria (HGAA) an die BayernLB beteiligt.

Doch Berlin schweigt. Mehr als die dürren Angaben zu seiner Person sind von ihm an diesem Vormittag nicht zu hören. Dafür spricht seine Anwältin. Ihr Mandant mache "umfassend von seinem Auskunftsverweigerungsrecht zumindest in diesem Gremium Gebrauch", sagt sie. Der Ton ist entschieden.

Auch der Versuch, dem Zeugen durch kleine Provokationen eine Aussage zu entlocken, scheitert. So wiederholt der stellvertretende Ausschussvorsitzende Harald Güller (SPD) Zitate des ehemaligen Finanzministers Kurt Faltlhauser. Zitate, die Berlin nicht gut dastehen lassen. Als "falsche Wahl", soll der CSU-Politiker Berlin den ehemaligen Chef der HGAA bezeichnet haben. Seine Bestellung sein "ein Fehler" gewesen. Dass er ihn auch als per se "guten Banker" bezeichnet hat, spielt da kaum noch eine Rolle.

Doch Berlin schweigt. Dafür klingt seine Anwältin inzwischen ein wenig schnippisch, wenn sie dem Gremium entgegnet: Auch hierzu werde es "keine Aussage geben. Egal, wie sie es versuchen". Berlin werde bei der Staatsanwaltschaft aussagen - "und nur dort".

"Smart und aalglatt"

Als "smart und aalglatt" beschreibt dann auch Güller den Zeugen. Dass Berlin offensichtlich "nicht gewillt ist", zur Aufklärung des Sachverhaltes beizutragen, ärgert ihn. "Ich glaube schon, dass er einiges zu verbergen hat."

Tilo Berlin ist ein langjähriger Bekannter des früheren BayernLB- Vorstandschefs Werner Schmidt. Berlins Investorengruppe hatte mit von der BayernLB geliehenem Geld einen neunprozentigen Anteil an der Hypo Alpe Adria gekauft - und diese Anteile anschließend wiederum mit Gewinn an die BayernLB verkauft. Der BayernLB-Vorstand setzte Berlin dann zwischenzeitlich auch als Vorstandschef der Hypo Alpe Adria ein.

Neben Naser und Berlin hatte der Wirtschaftsprüfer Florian Wirsching im Untersuchungsausschuss ausgesagt. Nach seinen Angaben war die BayernLB beim verhängnisvollen Kauf der österreichischen Bank Hypo Alpe Adria (HGAA) vor den hohen Risiken gewarnt. Die Gesellschaft Ernst & Young wies demnach im Frühsommer 2007 auf einen Wertberichtigungsbedarf von 150 Millionen Euro hin und empfahl, sich im Kaufvertrag gegen die vermuteten noch höheren Risiken abzusichern.

Die Entscheidung, ob das ein "Deal Breaker" gegen den Kauf gewesen sei, habe aber nicht Ernst & Young treffen müssen. "Das war Sache des Vorstands." Der Wirtschaftsprüfer Wirsching bestätigte damit Angaben früherer Zeugen.

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