Kruzifixe in Bayern:"Das erinnert geradezu an Erdoğan!"

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Kruzifixe sollen nach dem Willen Markus Söders ab Juni gut sichtbar in allen Behörden des Freistaats Bayern aufgehängt werden. (Foto: Lino Mirgeler/dpa)

In bayerischen Behörden sollen ab Juni Kreuze aufgehängt werden. Die Entscheidung des Kabinetts von Ministerpräsident Markus Söder sorgt für heftige Reaktionen.

Viel Empörung, aber auch Zustimmung - die Entscheidung des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), in den Dienstgebäuden des Freistaats Kruzifixe aufhängen zu lassen, sorgt für heftige Reaktionen. Ab Juni, so will es die Landesregierung, soll im Eingangsbereich einer jeden Behörde ein Kreuz aufgehängt werden, als "Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns". Verstanden werden solle dies als sichtbares Bekenntnis zu den deutschen Grundwerten. Gemeinden, Landkreisen und Bezirken empfiehlt die Landesregierung, Gleiches zu tun.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, begrüßt das Vorhaben. Er freue sich, wenn auch in der Öffentlichkeit Kreuze sichtbar seien, sagte Bedford-Strohm, der auch bayerischer Landesbischof ist, der Nachrichtenagentur epd. "Religion lässt sich nicht in die Privatsphäre verbannen." Zugleich warnte er, das Symbol für politische Zwecke zu missbrauchen. Kreuze seien eine Art öffentlicher Selbstverpflichtung auf das, was den Inhalt des Kreuzes ausmacht: Humanität, Nächstenliebe, Menschenwürde.

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Der katholische Bamberger Erzbischof Ludwig Schick äußerte sich ebenfalls positiv. "Das Kreuz aufzuhängen und als Zeichen der Einheit, der Versöhnung, des Friedens, der Geschwisterlichkeit, der Solidarität deutlich zu machen, das ist natürlich gut", sagte Schick am Mittwoch im Bayerischen Rundfunk.

Harsche Kritik kommt hingegen vom FDP-Vorsitzenden Christian Lindner. "Wie der Markus Söder und die CSU Religionen permanent für die Parteipolitik instrumentalisieren, das erinnert geradezu an Erdoğan. Das Grundgesetz hat keine Konfession", schrieb er auf Twitter.

Linken-Chef Bernd Riexinger äußerte sich ähnlich. "Statt jeder Behörde ein Kreuz zu verordnen, sollte die CSU sich lieber wieder auf christliche Werte wie Nächstenliebe besinnen. Da haben Söder und Co. massiv Nachholbedarf."

Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sieht den Schritt ebenfalls kritisch. Im Bayerischen Rundfunk sagte er, er habe "im Prinzip nichts gegen Kreuze in Dienstgebäuden". Man müsse sich aber schon die Frage stellen, welchen Sinn sie eigentlich haben sollten.

Der TV-Satiriker Jan Böhmermann reagiert mit Spott. "Neues bayrisches Gesetz für noch mehr Heimatgefühle: Ab 1. Juni müssen im Eingangsbereich jedes öffentlichen Gebäudes in Bayern ein Kreuz, ein Bündel Knoblauch und ein Schrumpfkopf hängen", schrieb er auf Twitter.

Mit kritischen Einlassungen melden sich auch einige bayerische Landespolitiker. Uli Grötsch, Generalsekretär der Bayern-SPD, sagte: "In Bayern muss man nicht mit christlichen Symbolen in die sozialen Medien", sagte er angesichts der Tatsache, dass die Nachricht auf Twitter und anderen Plattformen für viele Reaktionen sorgte. "Man muss Bayern zur Heimat für alle machen - unabhängig vom Glauben."

Sigi Hagl, die bayerische Grünen-Chefin, hält die Vorschrift für nicht besonders christlich. "Statt Kruzifixe an Behördenwände zu nageln, würde es der christlichen Verantwortung eher gerecht werden, Barmherzigkeit und Nächstenliebe im politischen Alltag vorzuleben."

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