Ausstellung:Die Feuerwehr des Himmels

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Wenn nichts mehr geht, müssen sie ran: die Vierzehn Nothelfer. In Zeiten ohne moderne Medizin wurden diese Heiligenoft um Hilfe angefleht. Heute ist nur noch Christophorus populär, der Patron der Autofahrer

Von Hans Kratzer, München

Wenn die Not am größten ist, dann fleht selbst der aufgeklärte Mensch überirdische Mächte um Hilfe an. Als herausragende Unterstützer in Not und Gefahr gelten in Bayern die Vierzehn Nothelfer. Seit mehr als tausend Jahren ist ihr Wirken bezeugt, allerdings hat die säkulare Wohlstandsgesellschaft ihre Popularität mittlerweile stark gedämpft. Und doch sind sie, phänomenologisch betrachtet, immer noch "ein starkes Team", wie das Domschatz- und Diözesanmuseum Eichstätt eine interessante Ausstellung über den Nothelferkult betitelt hat.

Ihre größte Intensität erfuhr die Anrufung der Nothelfer während der großen Pestepidemien im 13. und 14. Jahrhundert. Zu der Riege zählen die drei Märtyrerinnen Barbara, Katharina und Margareta sowie die männlichen Heiligen Achatius, Blasius, Christophorus, Cyriacus, Dionysius, Erasmus, Eustachius, Georg, Pantaleon, Vitus und Ägidius. Letzterer ist der einzige Nicht-Märtyrer in dieser Reihe.

Natürlich sind mit diesen Namen viele grausame Bilder verbunden, die einst geeignet waren, kleine Kinder zu traumatisieren. Schließlich wurden Märtyrer auf dem Grill geröstet, im Pech gesiedet oder grausam gevierteilt, was die barocke Bilderwelt der Kirchen ausgiebig präsentierte. Und doch waren die grausam ermordeten Nothelfer im bäuerlichen Alltag ebenso unentbehrlich wie andere populäre Heilige. Sankt Antonius (Donerl) wurde zum Beispiel angerufen, wenn man etwas verloren hatte, der heilige Leonhard, wenn das Vieh krank wurde. Auch die Nothelfer sollten bei allen möglichen Sorgen beispringen. Sie standen oft für das einzige Hilfsprogramm in einer Welt, in der es keine Versicherung, keine Medizin und keine Blitzableiter gab, in der das Überleben vermeintlich nur von der Fürsprache der Heiligen abhing. Ständig bedrohten Seuchen den Viehbestand, zerstörte Hagelschlag die Ernte und rafften Diphtherie und Masern die Kinderschar hinweg. Die moderne Arbeitswelt, in der es weder schwielige Hände noch Mistgabeln gibt, taugt nicht mehr für diese oft barock-bildhafte Hinwendung an Figuren, die jeweils ganz speziellen Lebensbereichen wie etwa Augenleiden oder Viehseuchen zugeordnet wurden.

Das Hochwasser der Donau hatte im Juni 2013 das Kloster Weltenburg bei Kelheim in Bedrängnis gebracht. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

In der Ausstellung in Eichstätt wird auch der Nothelfer Dionysius vorgestellt, ein Bischof, der einst in Paris enthauptet wurde. Der Legende nach soll er sein abgeschlagenes Haupt zu Fuß sechs Kilometer nach Norden getragen haben, wo er begraben werden wollte. Heute steht dort die Kathedrale St. Denis, bekannt als Grablege der französischen Könige. Dionysus ist der Nationalheilige von Frankreich und gilt als Patron für alle Arten von Kopf- und Seelenleiden. In mancher bayerischer Pfarrkirche, etwa in Fünfstetten, findet sich eine Statue dieses Heiligen, schnell zu erkennen am abgeschlagenen Haupt.

Der Nothelferkult verbreitete sich anfänglich in den Diözesen Bamberg und Würzburg sowie im Nürnberger Raum. Durch die berühmten Visionen des Klosterschäfers Hermann Leicht in den Jahren 1445/1446 erhielt er ein Zentrum in Gestalt einer Kapelle und der wichtigsten Nothelferwallfahrt: Vierzehnheiligen in Franken. Von dort aus fand der Kult bayernweite Verbreitung. In der Diözese Eichstätt wird er in der Wallfahrt auf dem Möninger Berg bis heute in Ehren gehalten

Der bekannteste Nothelfer ist wohl Christophorus, jener Riese, welcher der Legende nach das Christuskind über einen reißenden Fluss getragen haben soll. Heute gilt er als der Schutzpatron für alle Reisenden, besonders für die Autofahrer. Das bezeugen vor allem die Plaketten mit dem Bildnis des Heiligen, die in vielen Verkehrsmitteln zu finden sind.

Ein starkes Team! Die Vierzehn Nothelfer in Kunst und Verehrung - Ausstellung des Domschatz- und Diözesanmuseums Eichstätt, Residenzplatz 7, Mittwoch bis Freitag 10.30 bis 17 Uhr; Samstag, Sonn- und Feiertag 10 bis 17 Uhr. Bis 6. November. Tel. 08421/50-742 und -266.

© SZ vom 14.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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