Anhörung zum Artenschutz:Schelte für Bauern von LfL-Wissenschaftlerin

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Alle Naturschützer sind sich einig, dass die konventionelle Landwirtschaft mit ihrem massiven Einsatz von Agrarchemie die Hauptursache des Artensterbens ist. Der Bauernverband - gleich ob im Land oder im Bund - bestreitet dies. Inzwischen freilich teilen immer mehr Agrarexperten der Einschätzung der Naturschützer. Und zwar ohne Vorbehalte. Das hat am Donnerstag der Auftritt von Annette Freibauer in der Landtagsanhörung "Verlust der biologischen Vielfalt in Bayern" gezeigt. Schon in ihrer schriftlichen Stellungnahme bezog die Agrarwissenschaftlerin so klar Position wie nur wenige Experten in der Anhörung.

Dazu muss man wissen, dass Freibauer nicht an irgendeinem Institut tätig ist. Die 47-Jährige arbeitet an der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Freising-Weihenstephan, der zentralen landwirtschaftlichen Forschungseinrichtung des Freistaats also. So wie das Agrarministerium an der Ludwigstraße in München vielen als verlängerte Werkbank des Bauernverbands gilt, gilt die LfL in der Branche weniger als unabhängige Forschungseinrichtung als vielmehr als wissenschaftlicher Dienstleister der Bauern, der sich nicht kritisch äußern zu habe. Auf Freibauer, die das LfL-Institut für Ökologischen Landbau, Bodenkultur und Ressourcenschutz leitet, trifft das nicht zu. In ihrer Stellungnahme beschreibt sie nicht nur die immensen Ausmaße des Artensterbens. Sondern sie macht in einer Klarheit die konventionelle Landwirtschaft dafür verantwortlich, wie man das von LfL-Mitarbeitern nicht gewohnt ist - indem sie beispielsweise die immer größeren Monokulturen und das Fehlen von Feldrainen, Bauminseln, Büschen und Hecken als zwei Hauptursachen des Schwunds benennt. Außerdem geht sie mit der EU hart ins Gericht. Die Umweltauflagen, welche die Bauern erfüllen müssen, damit sie in den Genuss von EU-Direktzahlungen gelangen, sind aus ihrer Sicht für den Naturschutz meist wirkungslos. Auch was Gegenmaßnahmen anbelangt, spricht Freibauer klare Worte. Zehn Prozent der Agrarlandschaften müssten in Brachflächen, Blühstreifen und ähnliche Öko-Areale umgewandelt werden, wenn der Artenschwund gestoppt werden soll.

Übrigens: Auch der Bauernverband hat in der Anhörung Position bezogen. Er zählt Flächenfraß, Klimawandel und wildernde Haustiere wie Katzen zu den Hauptursachen des Artensterbens. Die Bauern hingegen engagierten sich seit Jahren "für die Förderung der Biodiversität". Inzwischen beteilige sich die Hälfte bayerischen Bauern an Agrarumweltprogrammen.

© SZ vom 08.06.2018 / cws - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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