Am Tag des Rücktritts:Sein Tagewerk ist erledigt

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Eine Arbeitssitzung will Horst Seehofer zum Schluss abhalten, dann fallen doch ein paar warme Abschiedsworte im Kabinett

Von .Lisa Schnell, München

Acht Kamerateams und sechs Fotografen säumen den Weg zur Staatskanzlei. Allerlei Leckereien werden angekarrt. Es sind die ersten Anzeichen, dass die letzte Kabinettssitzung von Horst Seehofer als Ministerpräsident mehr als die von ihm angekündigte "Arbeitssitzung" werden wird. Nicht nur für ihn, auch für einige im Kabinett könnte es die letzte Sitzung sein. An diesem Tag aber soll alles geschäftsmäßig ablaufen. Der frühere Ministerpräsident Edmund Stoiber lud zum Lebewohlsagen in die Residenz mit Böllerschützen und Trachtenvereinen, Seehofer lädt zum Kabinett wie jeden Dienstag.

Sein Platz in der Ahnengalerie der Ministerpräsidenten ist Horst Seehofer sicher. Mit einem Sicherheitsmann geht er zur letzten Kabinettssitzung. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Keine Blumen, kein Geschenk, nur Obstsalat und Kaffee stehen auf dem Tisch. Seehofer betritt den Raum, ein Blitzlichtgewitter bricht los. Er amüsiert sich kurz über den Aufwand und sagt dann zu den Fotografen: "Sind Sie noch nicht fertig?" und zu seinen Kollegen: "Ich begrüße euch zu unserer letzten Kabinettssitzung in dieser Formation." Nur "das Tagewerk erledigen", mehr stehe nicht auf dem Programm. Zwei Sätze sagt er anschließend in der Pressekonferenz zum "Tagewerk". Dafür dankt er seinen Mitarbeitern und dem Kabinett und zieht Bilanz. Als seine größten Erfolge bezeichnet er die Aussöhnung mit Tschechien und die wirtschaftliche Lage Bayerns, die noch nie so gut gewesen sei. "Es war eine wunderschöne Zeit", sagt Seehofer. Nach seiner größten Niederlage wird er auch gefragt, eine Antwort aber findet er nicht. Manch einer mag da an den kommenden Freitag denken, an dem Markus Söder Ministerpräsident werden soll, der Mann, den Seehofer immer verhindern wollte. Seehofer sagt: "Ich bin mit mir völlig im Reinen." Söder wünscht er "Gottes Segen" und "eine glückliche Hand". Die Zusammenarbeit werde "vernünftig" sein. Er will "alles versuchen", um bei Söders Wahl dabei zu sein, falls es sein neues Amt als Bundesinnenminister zulasse. Es ist das Hintertürchen, das Seehofer in seine Reden einzubauen versteht. In letzter Zeit gilt das auch für einen kleinen Seitenhieb gegen die Fraktion. Er trete zurück, nicht weil es Bayern schlecht gehe, sondern wegen der Diskussionen in der Landtagsfraktion. Aber in der CSU will man ja nach vorne blicken. Ohne Groll und Trübsal, sondern mit Wehmut gehe er, sagt Seehofer also noch. Und: "Das Werk ist vollbracht."

"Abschiedsworte müssen kurz sein wie Liebeserklärungen", schrieb der Schriftsteller Theodor Fontane. Ganz so kurz sind Seehofers Abschiedsworte dann doch nicht und auch die Liebeserklärungen an den Abschiednehmenden fallen ausführlich aus, selbst von denen, die ihre Liebe erst spät entdeckt haben. "Zehn Jahre Horst Seehofer waren gute Jahre für Bayern", sagt Noch-Finanzminister Markus Söder. Er wolle mit ihm nun einen "Super-Doppelpass" zwischen München und Berlin spielen. In ihrer "konstruktiven" Zeit zusammen kann er nur den "einen oder anderen Moment" erkennen, "der nicht einfach war für uns beide". Wirtschaftsministerin Ilse Aigner könnte zu diesen Momenten sicher auch etwas beisteuern, sie dankt aber lieber Seehofer, der Bayern in eine absolute Spitzenposition geführt habe.

Als Seehofers Stellvertreterin hält sie die Würdigung im Kabinett, wo es am Ende mit Lachs, Rinderfilet und einem Glas Wein zum Anstoßen doch noch feierlich wird. Sogar ein Geschenk, wenn auch ein wenig glamouröses, bekommt Seehofer zum Schluss: einen USB-Stick mit den mehr als 400 Kabinettssitzungsprotokollen der vergangenen zehn Jahre. Zum Nachlesen, wie ein Kabinettsmitglied sagt

© SZ vom 14.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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