AfD-Parteitag:Im zweiten Anlauf

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Geriet wegen einer Armbewegung ins Visier der Staatsanwaltschaft: der AfD-Politiker Petr Bystron. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Die AfD wählt ihren Vorsitzenden Petr Bystron doch noch auf einen prominenten Listenplatz und vermeidet so eine Führungskrise. Doch die Partei ist gespalten, der rechte Flügel erstarkt. Die CSU will sich künftig stärker abgrenzen

Von Johann Osel und Wolfgang Wittl, München

Die bayerische Alternative für Deutschland (AfD) hat ihrem Landesvorsitzenden Petr Bystron doch noch einen prominenten Listenplatz für die Bundestagswahl beschert und damit eine Führungskrise zunächst abgewendet. Die Basis wählte ihn am Samstag im mittelfränkischen Greding klar (324 von 483 Stimmen) auf Platz vier. Am Wochenende zuvor hatten ihn die Mitglieder bei der Kandidatur um den Spitzenplatz brüskiert und den bisher kaum bekannten Schriftführer im Landesvorstand, Martin Hebner aus Starnberg, zum Listenführer gewählt. Bystron war dann nicht auf Platz zwei und drei angetreten. Bei der AfD stimmen alle Mitglieder über die Liste ab, bei mehreren Parteitagen. Nach aktuellen Umfragen würden sieben AfD-Leute aus Bayern in den Bundestag kommen. Bei der Wahl der ersten Sieben zeigte sich die Spaltung der Basis in der Frage, wie mit dem Rechtsaußen-Flügel umzugehen ist.

Viele Mitglieder hatten bei der Schlappe für Bystron moniert, dass er sich im bundesweiten Machtkampf auf die Seite von Parteichefin Frauke Petry gestellt hat. Auslöser des Konflikts ist der Umgang mit Thüringens rechtslastigem AfD-Chef Björn Höcke und dessen umstrittener "Dresdner Rede" über die NS-Erinnerungskultur. Höckes "Flügel", ein parteiinternes Netzwerk, will zudem die AfD als "Fundamentalopposition" - ohne den Gedanken an eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem "System". Hebner hatte gegen die Distanzierung von Höcke und für die Einheit der Partei plädiert. Dies und eine schwache Rede Bystrons hatten dessen Niederlage wohl verursacht. Auf Platz zwei wurde der Wirtschaftspublizist Peter Boehringer gewählt, auf Platz drei die öffentlich kaum bekannte, Flügel-freundliche Corinna Miazga aus Straubing. Selbst rechtslastige Medien hatten der Bayern-AfD eine "Lust an der Selbstbeschädigung" bescheinigt.

Bystron hatte von einer "Watschn" gesprochen, im Kampf um Platz vier trat gegen ihn nun der Oberbayern-Bezirkschef Florian Jäger an. Jäger, früheres Mitglied der Anti-Islam-Partei "Die Freiheit", bekam 97 Stimmen. Er folgt Höcke teils bis in die Wortwahl, etwa beim Thema Fundamentalopposition. Er wolle eine AfD, um sich "mit dem kompletten Establishment wirklich anzulegen"; nicht, um im System "mitzuspielen", "zu fressen und zu saufen und Wert zu legen auf positive Schlagzeilen in der Süddeutschen Zeitung". Gegen Bystron war Jäger ohne Chance, auch auf Platz sieben kam er nicht zum Zuge. Dort wurde der Allgäuer Peter Felser vom Mittelstandsforum der AfD gewählt; auch Platz sechs ging an einen Mittelstandspolitiker, den Freilassinger Hansjörg Müller.

Auf Platz fünf prallten die Richtungen deutlich aufeinander: Es gewann der Nürnberger "Flügel"-Mann Martin Sichert. Und zwar gegen Dirk Driesang, der im AfD-Bundesvorstand sitzt und den möglichen Parteiausschluss Höckes organisiert. Er warnt vor der "Republikanerfalle". Die Gretchenfrage für ihn: "Wo ist nach rechtsaußen Schluss?" Wer nach der Einheit der Partei schreie, drücke sich entweder um diese Frage oder wolle "die AfD ganz woanders verorten". Nur als "bürgerliche Volkspartei" habe man aber eine Zukunft, Patriotismus dürfe nicht dafür herhalten, "noch den letzten Unsinn zu rechtfertigen". Im Saal Applaus sowie viele Buh-Rufe, ein geiferndes "Hau ab" war zu hören. Die emotionalen Reaktionen auf Driesang zeigen, was weite Teile der Basis wollen - und was nicht. Das spricht für einen weiteren Rechtsruck der Rechtspopulisten. Andererseits unterlag Driesang in der Stichwahl um Platz fünf knapp; auch ging es vielen Mitgliedern nicht um Flügel, sondern um den Stil der Kandidaten und Fachthemen. Der Erfolg von Wirtschaftsvertretern legt das nahe.

Mit der Wahl Bystrons hat die Partei zumindest ein Führungschaos vermieden. Rasch hatten sich im Lauf der Woche Bedenken gemehrt, dass man sich durch die Nicht-Wahl Bystrons des Zugpferdes beraubt habe. Der 44-Jährige, der Ende der Achtzigerjahre aus der kommunistischen Tschechoslowakei geflohen war und seine Herkunft als Beleg gegen rassistische Tendenzen in der AfD aufführt, ist im Freistaat durchaus medial präsent. Vor wenigen Tagen hatten sich Spitzenkandidat Hebner und Bystron in einem internen Brief an die Mitglieder gewandt: Man kenne sich seit Gründungszeiten und habe die "Auseinandersetzung mit der Lucke-Riege erfolgreich zusammen durchgestanden". 2015 gab es einen Exodus zahlreicher liberaler Mitgründer. Es sei dem System einer Partei geschuldet, dass "aus langjährigen Weggefährten kurzfristig Rivalen um eine bestimmte Position werden", schrieben Bystron und Hebner. "Danach gilt es, wieder einig zu sein", man wolle gemeinsam vor allem "die CSU in Bayern vor uns herjagen".

In der CSU mehren sich derweil die Stimmen, die nach Monaten der Zurückhaltung für eine schärfere Abgrenzung zur AfD werben. Nach den früheren Parteichefs Erwin Huber und Theo Waigel macht sich nun CSU-Vize Manfred Weber für einen härteren Kurs stark. "Wir erleben ja einen extremen Rechtsruck bei der AfD, das muss thematisiert werden", sagte Weber der SZ. Probleme der Menschen zu lösen und damit die Populisten überflüssig zu machen, das sei der eine Akzent. "Der zweite ist aber auch das klipp und klare Abgrenzen und das Angreifen in der Sache." Die AfD sei ein Risiko für den Wohlstand, für die Rentenzahlungen und für die Arbeitsplätze, sagt Weber: "Was die vorschlagen, kann nicht funktionieren in einer globalisierten Welt."

© SZ vom 03.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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