Abschied:Der Harmoniemensch geht

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25 Jahre lang war Max Schmidt Vorsitzender des Philologenverbands. (Foto: oh)

Im Ruhestand hat Chef-Philologe Max Schmidt mehr Zeit für Dackel und seine Frau

Von Anna Günther, München

Hier ein Scherzchen, da ein Schwatz und eine Tuschelei mit Experten aus dem Ministerium. An einem seiner letzten Abende als Chef der Philologen ist Max Schmidt mit der Welt im Reinen. Ein neunjähriges Gymnasium wird wohl auch in Bayern kommen, der Widerstand in der CSU schwindet. Die großen Schlachten sind geschlagen, mit den Feinheiten können sich seine Nachfolger auseinandersetzen. An diesem Freitag gibt er sein Amt nach 25 Jahren an der Spitze des Gymnasiallehrerverbands ab. Bei der Hauptversammlung in Bamberg wählen die Delegierten einen Nachfolger. 15 Jahre lang war der Mathe- und Physiklehrer Vorsitzender, seit zwei Jahren unterrichtet er nicht mehr am Grafinger Gymnasium. Aber tägliche Schulrealität sollte ein Philologenchef aus Sicht des 65-Jährigen haben.

"Ich bin heilfroh, wenn jetzt jemand anderes die Verantwortung übernimmt", sagt Schmidt. Die Erleichterung ist nachvollziehbar, seine Amtszeit fällt mit bildungspolitisch turbulenten Jahren zusammen. Als Schmidt im November 2001 gewählt wurde, lief das G 9 seit Jahrzehnten. Die Philologen beklagten Lehrermangel und forderten eine Aufwertung des Gymnasiums, heute gibt es selbst für die Besten kaum Jobs. Im Dezember 2001 kam der Pisa-Schock, kurz darauf beschloss Edmund Stoiber, auch das Gymnasium effizienter zu gestalten. Den Schreck, dass das neunjährige Gymnasium "über Nacht" abgeschafft wurde, bezeichnet Schmidt im Nachhinein als größte Herausforderung seiner Amtszeit.

"Der ständige Kampf und das Lavieren waren sehr anstrengend, aber man darf den Gesprächsfaden nie abreißen lassen", sagt der Förstersohn Schmidt. Er ist im Bayerwald aufgewachsen, bodenständig, ein Harmoniemensch. Schmidt sucht den Konsens, aber er kann stolz sein und stur wie seine tierischen Lebensgefährten. Zwergdackel "Zibbel" begleitet seinen Herrn schon mal zu Terminen und sitzt dann artig auf dem Schoß. Die Herr und Hund eigene Sturheit erfuhr auch die damalige Schulministerin Monika Hohlmeier. Sie lud den Verband nach der Verkündung des G 8 zum Gespräch in die Salvatorstraße. "Wir sind nicht hingegangen, das war natürlich ein Affront", sagt Schmidt und kichert vergnügt.

Welche Taktik schneller zum Erfolg führt, ist im Verband umstritten. Es gibt Mitglieder, die sich ein härteres Auftreten gegenüber der CSU wünschen. Schmidt ist von seinem Stil überzeugt und verbucht die Rückkehr des G 9 auch für sich. Umso wichtiger ist ihm, dass der oder die nächste Vorsitzende des BPV jetzt, da die Weiterentwicklung des Gymnasiums greifbar ist, nicht als Hardliner auftritt und damit die CSU-Fraktion vergrätzt. Denn der Verband wünscht sich neben der Rückkehr zu neun Jahren auch eine Oberstufenreform, und quasi alle Vertreter der Fächer wollen mehr Stunden im G 9. Diese Erwartungen einigermaßen zu erfüllen, sieht Max Schmidt als größte Herausforderung für seine Nachfolger.

Drei Kandidaten stellen sich zur Wahl, Rita Bovenz und Michael Schwägerl sind derzeit Schmidts Stellvertreter, und vertreten die Interessen der Philologen im Hauptpersonalrat des Ministeriums. Stefan Düll, der Leiter des Justus-von-Liebig-Gymnasiums in Neusäß, leitet den Bezirk Schwaben. Eine Kampfkandidatur wollten die drei vor der Wahl vermeiden. Eigene Programme stellen sie erst an diesem Freitag den Delegierten vor und betonen, dass sie auch nach der Wahl, egal wie sie ausgeht, gemeinsam den Verband voranbringen wollen. Auch Schmidt hält sich bedeckt, das letzte Wort sollen die Delegierten haben. Die Basis habe er immer sehr ernst genommen, sagt ein Weggefährte. Im Verband heißt es, dass nur Düll ein echtes Programm habe und ein brillanter Redner sei. Die Hausmacht aber dürfte auf Seiten der Personalräte liegen, als Vorsitzende des Bezirks Oberbayern hat Bovenz zudem mehr Delegierte hinter sich. Und sie würde einen weiblichen Gegenpol zu Simone Fleischmann, der Präsidentin des Bayerischen Lehrerverbands, darstellen.

Max Schmidt sieht der Wahl sehr gelassen entgegen. Er freut sich sehr auf Reisen an Nord- und Ostsee und darauf, die Wochenenden auf Hundeausstellungen zu verbringen - seine Partnerin ist im Vorstand des Bayerischen Dachshundklubs engagiert. "Meine Frau hat 20 Jahre auf mich gewartet, jetzt macht sie das Dackel-Geschäft und ich stehe daneben, wenn sie mit wichtigen Leuten redet", sagt er. Aber ganz lässt er die Politik nicht los: Als Vorsitzender der Stiftung Wertebündnis, die Ministerpräsident Horst Seehofer initiierte, will Schmidt weiter in der Bildungspolitik mitmischen.

© SZ vom 25.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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