VW Beetle:Einfach mehr Käfer

Das "New" ist weg, der neue Beetle orientiert sich stärker an seinem Urahn und kann fast alles besser als sein Vorgänger. Fast. Ein paar Schwächen erlaubt er sich leider doch. Die erste Ausfahrt.

Günther Fischer, Berlin

Das etwas Kuriose vorweg: Sollte jemand wirklich aller Welt deutlich klarmachen wollen, dass der neue Beetle nun endlich der legitime Nachfolger des VW Käfers ist, der kann für 49 Euro einen "Käfer"-Schriftzug für die Kofferraumklappe kaufen.

Vielleicht ist das auch wirklich nötig, denn schon der 1998 - also vor 13 Jahren! - vorgestellte Vorgänger namens New Beetle hatte, neben diversen Schwächen beim Design und der Verarbeitung, vor allem ein Problem: In den Köpfen der meisten Autofahrer, vor allem der Deutschen, hatte sich zu diesem Zeitpunkt längst der Golf als legitimer Nachfahre des Käfers etabliert.

Steht man nun aber vor dem neuen Beetle, denkt man sofort: Warum denn nicht gleich so? Das formschön nach hinten abfallende Dach adapiert nicht nur die Dachlinie des Käfers, sie ist quasi identisch. An der B-Säule hängen wieder die traditionellen Halteschlaufen, selbst das nette "Käferfach" für diverse Kleinigkeiten darf ein Comeback feiern (auch wenn der Schnappverschluss nicht die praktischste aller Lösungen ist).

Ansonsten ist der neue Beetle breiter, flacher und länger ausgefallen, er steht wunderbar stämmig auf der Straße. Zwei Zentimeter mehr Radstand kommen den Passagieren und dem Kofferraum zugute - das Ladevolumen wuchs von 100 auf 310 Liter. Das heißt: Der neue Beetle ist endlich alltagstauglich - genauso, wie es auch der Käfer selig war.

Bei VW gibt man sich deswegen überzeugt, dass die Retro-Übung diesmal gelingt: "Wir hatten die schwere Aufgabe, das Original noch einmal neu zu erfinden", meinte Klaus Bischoff, VWs Chefdesigner, und verweist dazu auf die Anmutung eines Trittbretts, wie es beim Original auch schon vorhanden war. Sein Vorstandschef Martin Winterkorn hatte zuvor die Latte sogar noch höher gelegt: "Dieses Modell ist das Herz der Marke Volkswagen."

Er kann den Kugelblitz

Es blieb dem VW-Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg vorbehalten, an eine nicht ganz unwichtige Tatsache zu erinnern: "Kult alleine macht kein gutes Auto." Womit nicht nur ein klares Verdikt über den unmittelbaren Vorgänger gefällt war, Hackenberg machte damit auch klar, dass VW umgedacht hat.

Der neue Beetle bekommt deshalb alles mit, was an guten Dingen in den VW-Konzernregalen vorhanden ist: Er steht auf der Plattform des aktuellen Golf, optional gibt es auch das Doppelkupplungsgetriebe DSG. Die straffen Sitze überzeugen, die neu gezeichneten Armaturen sind hübsch, klar und übersichtlich, das Navigationssystem und das multifunktionale Lenkrad (beides: Aufpreis) sind VW-Technik at its best. Eine Start-Stopp-Automatik, in zwingender Verbindung mit der BlueMotion-Technologie, folgt allerdings erst 2012.

Für die ersten Ausfahrten rund um Berlin stand, leider, nur die Top-Motorisierung zur Verfügung. Der Zwei-Liter-TSI-Benziner leistet 147 kW / 200 PS, kommt leicht abgewandelt auch im Golf GTI zum Einsatz und stellt ab 1700 U/min bereits das volle Drehmoment von 280 Nm zur Verfügung.

Mit Folgen: Der so gemütlich wirkende Beetle mutiert auf Wunsch und entsprechendem Gaspedaldruck zum veritablen Kugelblitz. Er stürmt in 7,5 Sekunden auf Tempo 100 und gibt erst bei Tempo 223 wieder Ruhe. Das DSG lässt sich zwar beim Gängewechsel mitunter mehr Zeit als erwünscht, aber: Wir sitzen nun mal in einem Beetle und nicht in einem echten Sportwagen.

Das Fahrwerk erweist sich dabei als ziemlich knackig, die Lenkung agiert präzise, und die elektronische Stabilitätskontrolle (ESP) erlaubt in Autobahnauffahrten sogar bis zu Tempo 100, ohne dass der Fahrer nervös werden muss. Ab und zu gibt die Automatik Zwischengas, dann sprotzt es fröhlich hinten raus. Aus einem Auspuff, der darüber hinaus auch noch manchmal wie das Original klingt. Soll heißen: Alle Zutaten für ein Spaßauto sind vorhanden.

So erfolgreich wie der Vorgänger wird er allemal

Leider hat der Spaß seinen Preis - im Laden und an der Tankstelle: Der 200-PS-Beetle ist erst ab 27.100 Euro zu haben, wer sich ein paar Extras leistet, rutscht schnell über die 30.000-Euro-Marke. Das ist verdammt viel Geld für ein Spaßauto. Und: Laut Norm soll sich der Verbrauch bei 7,7 Liter einpendeln, aber selbst auf den streng Tempo-limitierten Straßen rund um Berlin gelang es uns nicht, den Verbrauch unter neun Liter zu drücken.

Was angesichts des Preises ebenfalls irritiert, ist die ungewohnt schlechte Materialqualität: Zwar sind Innenraum und Armaturenbrett nett anzusehen, aber so viel Hartplastik hätte man nun nicht wirklich verbauen müssen. Auch die flexiblen Kunstoffbänder, die als Flaschenhalter dienen, dürften schneller ausgeleiert sein als so manchem Käufer lieb ist.

Immerhin: Ein Basismodell mit einem 77 kW / 105 PS starken 1.2-TSI-Turbomotor wird bald nachgereicht (ab 16.950 Euro, Normverbrauch: 5,9 Liter). Auch eine 160 PS-Version sowie ein Diesel-Beetle mit 105 bis 140 PS werden folgen. Dank Bluemotion-Technik und Start-Stopp-Automatik soll der Selbstzünder im Schnitt dann nur noch 4,3 Liter pro 100 Kilometer brauchen. Wetten, dass der Beetle dann noch mehr Spaß macht?

Die Zutaten für einen Erfolg sind also vorhanden. Und den Vorgänger zu übertreffen, sollte nicht so schwer sein: Er verkaufte sich in 13 Jahren rund 1,2 Millionen Mal, davon fuhren aber nur 122.000 Exemplare von den Höfen der deutschen VW-Händler.

Der neue Beetle kann ab sofort bestellt werden, ab Oktober wird ausgeliefert. Prouziert wird in Mexiko. Übrigens: Der Schriftzug "Volkswagen" ist ebenfalls nur über die Aufpreisliste zu haben. Kostenpunkt: 49 Euro.

VW Beetle 2.0 TSI Sport: Vierzylinder; 147 kW / 200 PS; max. Drehmoment 280 Nm bei 1700-5000 U/min; 0-100 km/h: 7,5 sec.; Vmax 223 km/h; Normverbrauch 7,7 l; CO2: 179 g/km; Euro 5; Testverbrauch: 9,2 l; Leergewicht incl. Fahrer und Tank: 1439 Kilogramm. Preis: ab 27.100 Euro

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