Neuer VW Cross Blue:Mit großer Wucht

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Vorstandschef Martin Winterkorn stellt den neuen VW Cross Blue und die künftige US-Strategie der Marke vor. (Foto: dpa)

Die Amerikaner kaufen immer mehr Autos, doch Volkswagens Absatz in den USA sinkt. Der Cross Blue, ein schwerer Geländewagen, soll den Negativtrend stoppen - und vor allem die US-Patrioten für VW begeistern.

Von Kristina Läsker, Hamburg

Dieser Geländewagen ist so wuchtig, dass er in den Gassen vieler Altstädte Europas stecken bliebe. Cross Blue heißt die neue Limousine. Was aussieht wie ein Wal, ist für Volkswagen nicht irgendein riesiges Auto: Der Cross Blue soll den Durchbruch bringen. Das bisher größte Auto der Marke VW ist für die neue Welt gebaut, für Highways: Er soll Amerikas Autokäufer begeistern und dabei helfen, dass Europas größter Autobauer in den USA kein Nischenanbieter bleibt.

Deshalb hat sich VW entschieden, den Wagen mit den sieben Sitzen von Ende 2016 an im US-Werk in Chattanooga zu bauen - und nicht in Mexiko im Werk in Puebla. Dazu will VW etwa 900 Millionen Dollar investieren, umgerechnet 661 Millionen Euro. Zwei Drittel fließen in die Fertigung und der Rest in ein neues Entwicklungszentrum.

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"Dieser Midsize SUV (Sport Utility Vehicle) wird von echten Amerikanern gebaut", verspricht Konzernchef Martin Winterkorn, als man am Montag die Verträge in Wolfsburg unterzeichnete. Seine Worte erzählen davon, wie selten deutsche Automanager die Sehnsüchte der US-Käufer erfüllen. Denn die mögen fette Schlitten, frische Modelle und komfortable Gimmicks wie etwa Dosenhalter - und sie sind große Patrioten. All das bedient VW kaum. Allein mit dem in Chattanooga gebauten US-Passat und den Importen von Jetta und Beetle aus Mexiko sind die Amerikaner nicht dauerhaft zu begeistern. "Wir wollen noch gezielter und schneller auf die Wünsche der Kunden eingehen", verspricht Winterkorn.

VW will den US-Absatz verdoppeln

Nötig ist das: Bis 2018 will VW zum größten Autobauer der Welt aufsteigen. Das gelingt nur, wenn der US-Absatz wächst. Nach wie vor wolle der Konzern den Absatz bis 2018 auf 800 000 Fahrzeuge steigern und mehr als sieben Milliarden Dollar investieren, sagt Winterkorn. Dazu muss er aber den Abwärtstrend stoppen: VW hatte zuletzt hart mit sinkendem Absatz zu kämpfen, weil sich der US-Passat nicht mehr gut verkauft. 2013 waren die Verkäufe um fast sieben Prozent auf gut 400 000 Fahrzeuge zurückgegangen, das Werk Chattanooga war nicht ausgelastet. Dieser Trend hat sich bis Juni fortgesetzt, obwohl die Amerikaner mehr Autos kaufen.

Der neue Cross Blue wird nun das zweite Modell für die Fabrik Chattanooga. Das hat auch mit den hohen Subventionen zu tun. Die Finanzhilfen aus dem Staat Tennessee dürften sich auf gut 300 Millionen Dollar summieren, gut 220 Millionen Euro, sagen Insider. Dieses Paket soll Steuernachlässe, verbilligte Grundstücke, Straßenausbau und Zuschüsse für die Ausbildung von Mitarbeitern umfassen. Verhandelt hat das auch der Gouverneur des südlichen Bundesstaates, Bill Haslam. "Es war nicht immer einfach, bis wir da angekommen sind, wo wir heute stehen", sagt er am Montag.

US-Autokäufer mögen fette Schlitten, frische Modelle und komfortable Gimmicks

Für die strukturschwache Region geht es um viel: Die Zahl der direkten Arbeitsplätze im VW-Werk Chattanooga soll um 2000 auf 4500 steigen. Eine ähnlich hohe Zahl Stellen könnte in der Zulieferer-Industrie geschaffen werden. "Das ist ein großer Tag für Tennessee", sagt Haslam. Viele Monate hatten Konzern und US-Politiker um die Subventionen gerungen - und zeitweise auch darum, wie sehr die Arbeiter im Werk künftig mitbestimmen dürfen. Für Volkswagen gehört eine starke Mitbestimmung traditionell zu den Erfolgsfaktoren, und dementsprechend wünscht sich der Konzernbetrieb mehr Mitsprache auch in den USA. Gouverneur Haslam wiederum hatte dagegen gekämpft, dass die US-Gewerkschaft UAW einen Ableger im VW-Werk gründen darf. Die südlichen Bundesstaaten der USA gelten - anders als Detroit - als gewerkschaftsfeindliches Revier.

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Beeindruckt von politischen Drohungen, hatten die VW-Mitarbeiter in Chattanooga im Februar schließlich mit knapper Mehrheit gegen den Vorschlag gestimmt, sich von der US-Autogewerkschaft UAW vertreten zu lassen. Damit kann VW vorerst keine Arbeitnehmervertretung nach deutschem Vorbild aufbauen. Am vergangenen Donnerstag hatte die UAW angekündigt, in Chattanooga trotzdem einen eigenen Ortsverein zu gründen.

Entsprechend zwiegespalten reagiert VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh auf den Zuschlag für Chattanooga. Die Entscheidung sei "ein wichtiger Schritt", lobt er und verspricht gleichzeitig, sich künftig "für die Interessen der Volkswagen-Beschäftigten in Chattanooga einsetzen".

© SZ vom 15.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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