Jaguar XF 3.0d S:Auf leisen Tatzen

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Retro verschwand, der große Aufschrei blieb aus - Jaguar kehrte in die Erfolgsspur zurück. Auch, weil die Raubtierseele der Modelle erhalten blieb.

Günther Fischer

Der Verzicht auf jegliche Form von Retro hat, das kann man inzwischen durchaus sagen, Jaguar nur gut getan: Es lange her, dass der britisch-indische Luxushersteller so viele Autos verkaufte. Aber hat Jaguar damit auch seine Seele preisgegeben?

Jaguar XF 3.0d S
:Die kaum gezähmte Raubkatze

Retro verschwand, der große Aufschrei blieb aus - Jaguar kehrte in die Erfolgsspur zurück. Auch, weil die Raubtierseele der Modelle erhalten blieb.

Noch der unmittelbare Vorgänger S-Type verkörperte die gute, alte Jaguar-Tradition: mit barocken Karosserieformen und einem Innenraum, der mit seinem dunklen Leder und dem schwerem Holz fast typische britische Club-Atmosphäre verströmte.

Als aber der XF als viertürige Limousine vor rund zwei Jahren präsentiert wurde, kam das einer Revolution gleich - Jaguar-Fans mussten aufgrund des drastischen Stilbruchs einen mittleren Schock verdauen. Der Neue gab sich unaufgeregt und unaufdringlich, musste spöttische Lexus-Vergleiche über sich ergehen lassen - und polarisiert bis heute.

Geduckt und fast eine Spur zu unauffällig steht nun der XF da und - wartet. Beim Einsteigen fällt die Ruhe der Gestaltung auf, der elegante, bestens aufgeräumte Innenraum wahrt die Dezenz. Sehr britisch, diese Haltung. Alle Lüftungsklappen sind noch geschlossen, der Drehknopf für die Getriebewahl ("Drive Selector") bleibt versenkt in der Mittelkonsole.

Durchatmen, starten. Leise sirrend öffnen sich die Luftklappen, der Drive Selector taucht auf, mit einer kleinen Drehung wird die Automatik eingelegt, auf leisen Tatzen schleicht der Jaguar aus der Parklücke. Motorgeräusch? Das gibt's durchaus - aber das sind eher die anderen um uns herum, die den Lärm verursachen.

Was da unter der Haube so prima werkelt, ist der neue Topdiesel der Marke - weswegen sich der XF auch ein S in der Typenbezeichnung führen darf. Der neue Motor leistet 202 kW / 275 PS. Allein seine Kennzahlen versprechen einen souveränen Vorwärtsdrang, dem sonst so oft, hier aber kaum vorhandenen Turboloch muss man sogar regelrecht nachspüren.

Jaguar C-X75
:Katzen-Hammer

Jaguar reitet auf dem Jetstream: Das Hochleistungscoupé C-X75 tankt an der Steckdose, ist 330 km/h schnell und zwei Gasturbinen an Bord verlängern die Reichweite - mit Diesel, Biosprit, Alkohol oder Erdgas.

Bilder und Fakten.

Dass der Diesel seine Leistung so unerwartet harmonisch entfaltet, liegt am doppelten Turbolader: Im Normalbetrieb und bei geringer Drehzahl wird die Luft von einem Lader mit variabler Turbinengeometrie verdichtet, ab 2800 Touren schaltet sich ein zweiter, kleinerer hinzu - für zusätzlichen Leistungsbedarf.

Was das ausmacht, erleben wir wenig später auf der Autobahn: 600 Newtonmeter warten unterm rechten Fuß - wie ein dauerhaft gespannter Muskel lauern sie auf ihren Einsatz. Und ganz plötzlich, bei Bedarf und entsprechend durchgedrücktem Gaspedal macht die Raubkatze einen Satz nach vorn - egal, ob auf der Jagd oder beim Überholvorgang.

Was dabei völlig überrascht, ist die Tatsache, wie ansatzlos der Jaguar seine Kraft entfaltet - und wie weitgehend vibrationsfrei und geräuschlos das vor sich geht. Das ist ein Motor, der begeistert - und das blieb über die gesamte Testphase so. Schön auch, dass sich der Verbrauch mit im Schnitt 8,6 Litern sehr im Rahmen hält und die Tanksstopps nicht, wie früher so oft, zur finanziellen Zitterpartie werden.

Auch sonst hat sich Erfreuliches getan: Die manchmal fummelige Bedienung ist endgültig passé, das zuvor eher unlogisch und nicht wirklich intuitiv zu bedienende Navigationssystem wurde überarbeitet und Leder und Holz gibt es ebenfalls immer noch.

Wer immer einen aktuellen XF fährt, betritt eine andere Welt - die aber auf unaufdringliche Art und Weise doch die gleiche geblieben ist. Und der versteht auch sofort, das Oberklasse-Limousinen nicht immer von Audi, Mercedes oder BMW kommen müssen.

Mit dem neuen XF ist Jaguar auch auf Anhieb in der Moderne angekommen - kühl und mit viel Understatement. Auch das ist immer noch sehr britisch.

Schön, dass die Raubkatze nicht wirklich gezähmt wurde.

Jaguar XF 3.0d S: 202 kW / 275 PS; max. Drehmoment 600 Nm bei 2000 U/min; 0-100 km/h: 6,4 sec.; Vmax 250 km/h (abgeregelt); Testverbrauch 8,6 l (Werksangabe: 6,8 l); Euro 5, CO2: 179 g/km; Preis: ab 60.200 Euro (Ausstattungslinie Premium Luxury)

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