Honda Civic:Frisch gelandet

Mit dem Civic bot Honda in der Golfklasse ein Auto, das schon optisch aus dem Einheitsbrei herausstach. Bei der neuen Generation wurde der futuristische Auftritt zwar entschärft - ein Raum-Schiff bleibt der Civic dennoch.

Jürgen Wolff

Das Raumschiff ist wieder auf der Erde gelandet. Kam der Honda Civic in der vorherigen Generation reichlich spacig daher mit breit gezogenen Leuchtbändern vorne und hinten und einem Cockpit wie aus Raumschiff Enterprise, so sieht der neue Civic der nun neunten Generation schon wieder eher wie ein bodenständiges Auto aus.

Von einer "konsequenten Weiterentwicklung und Neuinterpretation" sprechen die Verantwortlichen bei Honda - in der Realität sind es vor allem die Optik und die Hinterachse, die überarbeitet wurden. Die Motoren dagegen blieben weitgehend dieselben.

Nach wie vor teilt ein Bürzel am Heck das Rückfenster waagerecht in zwei Hälften. Und die wulstigen Rückleuchten sind sicher auch Geschmackssache. Die Karosserie des 4,3 Meter langen Japaners ist etwas flacher und windschlüpfriger geworden, die Radhäuser weiter ausgestellt. Vor allem das optische Band zwischen den Heckleuchten und entsprechend zwischen den Scheinwerfern vorne ist aufgelöst.

Innen hat Honda das Armaturenbrett kräftig aufgeräumt. "Die Inspiration dazu lieferte die Instrumentenanordnung im Cockpit von Kampfflugzeugen und Rennwagen", heißt es dazu. Wie gehabt zeigt ein Digitaltacho vor dem Fahrer die Geschwindigkeit an. Aber das Lenkrad ist nicht mehr ganz so mit Knöpfen überfrachtet, die verschiedenen Bereiche sind klarer getrennt. Das Plastik im Cockpit ist deutlich griffiger und hochwertiger geworden. Verbessert hat Honda auch den Fahrersitz, der auch auf längeren Strecken bequemes Reisen erlaubt und sich vielfältig verstellen lässt.

Nach wie vor unschlagbar in dieser Klasse: Die Größe und Variabilität des Innenraums. Weil Honda anders als üblich den Benzintank nicht unter den Rücksitzen unterbringt, lassen die sich sehr flexibel klappen. Rückenlehnen, Sitzkissen - bei Bedarf sind sie wie Kinositze zusammenfaltbar und bieten in der zweiten Reihe zusätzlichen Stauraum.

Immer noch die alten Saugmotoren

Insgesamt kommt der Civic auf ein normales Kofferraumvolumen von 477 Litern. Was in dieser Klasse keineswegs normal ist: Der Golf etwa packt 350 Liter, der Opel Astra bescheidet sich mit 370 Liter, Volvos C30 packt gerade mal 251 Liter ins Heck. Erweitern lässt sich der Laderaum im Civic auf 1378 Liter.

Mehr Sicherheit haben die Honda-Ingenieure ebenfalls in den neuen Civic gepackt. Zum ersten Mal gibt es die europäische Version nun mit Kollisionswarnsystem und der adaptiven Geschwindigkeitsregelung, die vor allem das Fahren auf der Autobahn deutlich bequemer und sicherer macht. Bei nicht mehr vermeidbaren Kollisionen bremst der Wagen selbstständig ab und vermindert so die Folgen eines Unfalls.

Nur wenig getan hat sich bei den Motoren. Während die meisten Hersteller ihren Autos mittlerweile turbogestärkte Kraftzwerge unter die Haube packen, arbeiten im Civic neben dem 2,2-Liter-Diesel nach wie vor die alten Sauger. Immerhin haben die Honda-Ingenieure sie durch ein ganzes Paket an Effizienzmaßnahmen etwas genügsamer gemacht. So wurden der Ölfluss optimiert und die Reibung reduziert. Aber auch ein gegenüber dem Vorgänger um 12,6 Prozent auf 0,27 reduzierter Cw-Wert trägt zum Spritsparen bei und eine serienmäßig in alle Modelle eingebaute Start-Stopp-Automatik. So soll sich der 1,4-Liter-Benziner bei 100 PS nun mit einem Verbrauch von 5,4 Litern auf 100 km begnügen - beim Vorgänger waren es noch 5,9 Liter.

Wer noch mehr sparen will, für den gibt es im neuen Civic die aus dem Hybrid abgeschaute Econ-Taste. Ein Druck auf den Knopf links neben dem Lenkrad und alles läuft deutlich verhaltener ab. Über ein Farbenspiel im Cockpit kann man sehen, ob man noch halbwegs verbrauchsbewusst unterwegs ist oder das Gaspedal doch zu sehr malträtiert. Gewöhnungsbedürftig ist der Eco-Modus schon allein deshalb, weil er die Leistungsspitze des Motors elektronisch kappt - und den Civic wie unter Beruhigungsmittel setzt.

Wenn der Civic im Januar zu den Händlern rollt, wird er mit zwei Benzinern und einem Diesel-Aggregat angeboten. Der 1,4-Liter-Ottomotor liefert wie gehabt 73 kW / 100 PS und ein maximales Drehmoment von 126 Nm, die bei 4000 U/min anliegen. Das reicht gerade für den Spurt von 0 auf Tempo 100 in 13,0 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 187 km/h.

Kultivierteres Fahrwerk

Der kräftigere Benziner mit 1,8-Liter-Maschine kommt auf 104 kW / 142 PS und ein maximales Drehmoment von 174 Nm bei 4300 U/min. In 8,7 Sekunden ist er aus dem Stand auf Tempo 100 und die Höchstgeschwindigkeit gibt Honda mit 190 km/h an.

Beide Motoren wollen drehfreudig gefahren werden - beim 1.8-Liter-Civic zum Beispiel liegt die maximale PS-Zahl erst bei 6500 U/min an. Entsprechend schlapp kommen sie beim Beschleunigen aus den höheren Gängen in die Puschen. Ohne Zurückschalten macht es zum Beispiel bergauf nur wenig Spaß.

Besser sieht es beim Diesel aus, der auch den Accord und den CR-V antreibt. Der 2,2-Liter-Selbstzünder kommt auf 110 kW / 150 PS und ein maximales Drehmoment von 350 Nm bei 2000 U/min. Von 0 auf 100 km/h braucht er 8,3 Sekunden, bei 217 km/h ist Schluss mit Vortrieb. Der offizielle Verbrauch liegt bei 4,2 Liter je 100 km. Entsprechend ist der Diesel sicher die bessere Wahl, wenn es um das Thema Fahrspaß geht: Er zieht kräftiger durch, erscheint nicht so bemüht wie die Benziner und läuft ebenso rund und kultiviert.

Kultivierter geworden ist auch das Fahrwerk des Honda. Selbst auf ruppigen Straßen ist der neue Civic nun deutlich souveräner und komfortabler unterwegs. Der Grund liegt darin, dass die Japaner dem Honda eine gründlich überarbeitete Hinterachse verpasst haben. Statt konventioneller Gummibuchsen wie früher sorgen nun hydraulische Lager für mehr Komfort, eine niedrigere Federrate, weniger Geräuschentwicklung und eine bessere Dämpfung.

Wenig geändert hat sich beim Preis. Der Einstieg beginnt mit dem 1,4-Liter-Civic künftig bei 16.950 Euro, gerade mal 160 Euro mehr als bisher. Der Benziner mit dem 1,8-Liter-Motor ist für 23.000 Euro zu haben und der Diesel startet bei 25.800 Euro.

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