Aktion "Drink and Drive":Irische Grafschaft stellt Antrag auf Alkohol am Steuer

Lesezeit: 2 min

Fahren trotz Alkohol: Die Verwaltung des irischen Countys Kerry adressiert einen Antrag ans Justizministerium, der das Fahren nach Alkoholgenuss legalisieren soll. Ziel soll sein: Vereinsamung, Depression und Suiziden unter der Bevölkerung vorzubeugen.

Von Sascha Gorhau

Betrunkenes Fahren im Straßenverkehr soll im Südwesten Irlands bald legal sein - wenn es nach der Grafschaft Kerry geht. Wie der britische Guardian berichtet, hat die dortige Bezirksverwaltung einen entsprechenden Entwurf auf den Weg gebracht. Demnach sollen die Einwohner, die in der dünn besiedelten Einöde von Kerry leben, demnächst auch nach Alkoholgenuss legal unterwegs sein dürfen - wenn der Fahrer von seiner Stammkneipe nach Hause fährt.

Die Mitglieder der Bezirksverwaltung haben sich mit fünf zu drei Stimmen für den Antrag ausgesprochen. Ziel der Initiative seie es laut Antragstellern, Vereinsamung, Depression und Selbstmord in der irischen Provinz zu lindern. Das Anliegen der Grafschaft geht nun an den irischen Justizminister Alan Shatter.

Hitzige Debatte

Nach Angaben des Irish Independent ging der Abstimmung eine hitzige Debatte voran. Bezirksvorsteher Terry O'Brien sagte dem Fernsehsender RTE: "Das ist unfassbar gefährlich. Das macht keinen Sinn." Er verwehre sich vehement gegen eine solche Entscheidung. Die Abgeordnete Gillian Wharton-Slattery von der Labourpartei sagte: "Depression verursacht Selbstmord. Nicht der Umstand, dass jemand nicht den Pub besuchen kann".

Der parteilose Abgeordnete Danny Healy-Rae ist Initiator des Vorschlags - und dafür bekannt, auch außerhalb des Parlaments keinen Konflikt zu scheuen. Im Mai 2010 war Healy-Rae, der auch eine Farm besitzt, nach einer Meinungsverschiedenheit in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Es sei dabei um ein Stück Land gegangen, meldet die Irish Times.

Healy-Rae sagt, seine Drink-and-Drive-Initiative habe zum Ziel, Depression und Selbstmord auf dem Land vorzubeugen. Die Bewohner müssten am sozialen Leben teilnehmen können, das sich in der Region fast ausschließlich in den örtlichen Pubs abspiele. Healy-Rae betonte, dass die Menschen in der betroffenen Gegend "oftmals mit Traktoren sehr kleine Straßen mit sehr geringem Verkehrsaufkommen" befahren würden. Und überhaupt: Sie hätten bei Alkoholfahrten noch nie jemand anderen getötet.

Noel Brett von der 2006 gegründeten irischen Behörde für Verkehrssicherheit RSA äußerte sich im Irish Independent kritisch über den Antrag. Die meisten Unfälle mit Todesfolge würden sich auf dem Land ereignen. Der Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und einer Beeinträchtigung des Fahrers sei unbestreitbar.

Initiator Healy-Rae argumentiert zurück, dass "viele Menschen in ihrer ländlichen Heimat förmlich eingeschlossen" seien. Sie würden nicht ausgehen, weil sie nicht einmal einen Drink zu sich nehmen könnten, so der Politiker. Folge könne ein tödlicher Kreislauf sein: Die Leute würden sich zuhause mit Whiskey betäuben. Daraus resultiere Einsamkeit, oft auch Depression und Selbstmord.

Öffentlicher Nahverkehr sei auf dem Land kaum vorhanden, Taxis und Pferde keine Option für Pubbesucher, so Healy-Rae weiter. Das müsse oft der Wirt ausbaden. Denn viele Pubbesitzer würden ihre Stammgäste regelmäßig nach Hause fahren. Healy-Rae weiß zumindest in Teilen, wovon er spricht: Er selbst besitzt einen Pub in der 164-Seelen-Ortschaft Kilgarvan.

© süddeutsche.de/goro - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: