Zoologie:Säen, säen, Häusle bauen

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Ameisen der Art Philidris nagasau auf den Fidschi-Inseln leben in gepflanzten und genutzten Gewächse, die dort in Baumrinden wachsen. (Foto: dpa)

Ameisen auf den Fidschi-Inseln betätigen sich als Gärtner. Sie pflanzen Samen und düngen sie. Wenn das Gewächs groß genug ist, ziehen die Tiere dort ein und ernten Nektar.

Von Tina Baier

Lange bevor Menschen auf die Idee kamen, Ackerbau zu betreiben, haben sich Tiere bereits als Landwirte betätigt. Blattschneiderameisen beispielsweise transportieren seit rund zehn Millionen Jahren kleine Pflanzenstücke in ihr Nest, zerkauen sie und nutzen das Ganze als Kompost für einen Pilz, den sie in ihren unterirdischen Gärten züchten.

Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität in München haben jetzt auf den Fidschi-Inseln eine weitere Ameisenart mit Gärtnertalent entdeckt ( Nature Plants). Demnach säen Ameisen der Art Philidris nagasau verschiedene Kaffeegewächse, die als sogenannte Epiphyten hoch oben auf den Ästen von Urwaldbäumen wachsen. Wenn die knolligen Gewächse groß genug sind, nutzen die Ameisen sie, um darin zu wohnen. Auch ernten sie den Nektar der Pflanze.

Sobald der Sämling etwa zwei Zentimeter groß ist, kümmern sich zwischen drei und zehn Tiere permanent um ihn

Die Biologen Susanne Renner und Guillaume Chomicki haben herausgefunden, dass die Ameisen noch unreife Früchte aufschneiden, die Samen einzeln herausholen und sie in Risse und Spalten in der Rinde von Bäumen stecken. In den folgenden Tagen patrouillieren die Arbeiterinnen dann immer wieder an ihrer Pflanzung vorbei. Sobald der Sämling etwa zwei Zentimeter groß ist, kümmern sich zwischen drei und zehn Tiere permanent um ihn.

Dass die Ameisen die kleine Pflanze sogar düngen - vermutlich mit ihrem Kot - fanden die Forscher heraus, indem sie den Insekten zehn Tage lang eine markierte Zuckerlösung zu fressen gaben. Das Futter enthielt eine Stickstoffvariante, die in der Natur kaum vorkommt. Nach einiger Zeit konnten ließ sich diese spezielle Variante von Stickstoff auch in der von den Ameisen betreuten Pflanze nachweisen.

In einem so genannte Cafeteria-Experiment fanden die Biologen zudem heraus, dass die Insekten "ihre" Samen mit großer Sicherheit von denen anderer Pflanzen unterscheiden können. Sie ließen nicht nur als Köder ausgelegte Reiskörner links liegen, sondern auch Samen von verwandten Gewächsen, die zwar auch Hohlräume bilden, aber keinen Nektar absondern.

"Das ist vorher noch nie gefunden worden, dass eine Ameise so hoch spezialisiert ihre zukünftige Wohnung und ihre zukünftigen Zuckerlieferanten wie ein Landwirt anbaut", sagt Renner. Auch die Pflanzen profitieren von der Zusammenarbeit mit den Insekten: Sie gedeihen mithilfe der Tiere in den Baumkronen von Urwaldriesen und damit näher am Licht.

© SZ vom 22.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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