Zoologie:Fliege mit Taucherglocke

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Ephydra hians in voller Tauchmontur. (Foto: PNAS)

Im kalifornischen Mono Lake gibt es so gut wie kein Leben. Doch eine kleine Fliege kann in der salzigen Natronlauge sogar tauchen - indem sie sich mit einer Art Schutzanzug umgibt.

Von Tina Baier

Der Mono Lake in Kalifornien gehört zu den unwirtlichsten Orten auf der Erde. Sein Salzgehalt ist dreimal so hoch wie der des Pazifiks, und der pH-Wert liegt ähnlich hoch wie der von Seifenlauge - bei zehn. Fische gibt es in dem Natronsee östlich des Yosemite-Nationalparks keine. Die einzigen Wesen, die es irgendwie schaffen, in dieser Umgebung zu überleben, sind Algen, Bakterien, winzige Salzwassergarnelen - und die kleine Fliege Ephydra hians. Das Insekt planscht und taucht in dem öligen Wasser und wenn es genug davon hat, ploppt es wie ein Korken an die Oberfläche und fliegt vollkommen trocken davon.

Um herauszufinden, wie den Alkali-Fliegen dieses Kunststück gelingt, haben zwei Wissenschaftler des California Institute of Technology in Pasadena Hunderte der Tiere gesammelt, in Flüssigkeiten unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung getaucht und mit Zeitraffer-Videos untersucht, was passiert. Der Trick der Fliegen ist demnach eine Art Taucheranzug - eine Luftblase, die sich um den Körper herum bildet, sobald die Tiere das Wasser berühren. Die Augen bleiben frei. "Die Blase schützt die Fliegen vor den Salzen und den alkalischen Substanzen im See und fungiert gleichzeitig als eine externe Lunge", schreiben die Forscher in der Fachzeitschrift PNAS.

Mithilfe des Sauerstoffs in der Blase können die Fliegen bis zu 15 Minuten unter Wasser bleiben und vier bis acht Meter tief tauchen. So können sie in aller Ruhe die dort lebenden Algen vertilgen. Tiere, von denen sie selbst gefressen werden könnten, gibt es im Mono Lake nicht. Auch ihre Eier legen die Insekten im Wasser. Nach Aussage der Forscher bildet sich der Taucheranzug automatisch aus Luft, die zwischen den ungewöhnlich dicht stehenden Haaren auf dem Körper der Fliegen eingefangen ist. Zudem sei ihre Körperoberfläche extrem wasserabweisend, da sie wachsartige Substanzen enthält.

In weniger lebensfeindlichen Gewässern schaffen es auch andere luftatmende Insekten, mithilfe von Blasen längere Zeit unter Wasser zu überleben. Bei Ruderwanzen beispielsweise, die es auch in deutschen Gartenteichen gibt, ballt sich die Luft am Bauch und unter den Flügeln zusammen. Die Tiere bekommen dadurch einen derartigen Auftrieb, dass sie über die Wasseroberfläche hinausschießen, wenn sie sich nicht irgendwo festkrallen. Der Glatte Kugelschwimmer, ein ebenfalls in Deutschland heimischer Käfer, sammelt seinen Luftvorrat als kleine Blase am Ende seines Hinterleibs. Und die Larven des Seerosenzünslers, des größten Wasserschmetterlings in Mitteleuropa, basteln sich sogar eine Art Taucherflasche: Sie schneiden zwei gleich große ovale Stücke aus einem Seerosenblatt und spinnen sie zusammen. Mithilfe dieses luftgefüllten Köchers können die Tiere unter Wasser atmen. Allerdings müssen sie in regelmäßigen Abständen auftauchen, um ihren Luftvorrat zu erneuern.

© SZ vom 22.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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