Wissenschaft:Analyse: Reise in die tiefste Vergangenheit

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Darmstadt (dpa) - Es ist ein Blick in die tiefste Vergangenheit des Universums. Die erste Landung auf einem Kometen feiern Experten als Meilenstein der Raumfahrt. Zehn Jahre lange dauerte die Reise im All, bis das Mini-Labor "Philae" nach Milliarden von Kilometern endlich sein Ziel auf "Tschuri" erreichte.

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Darmstadt (dpa) - Es ist ein Blick in die tiefste Vergangenheit des Universums. Die erste Landung auf einem Kometen feiern Experten als Meilenstein der Raumfahrt. Zehn Jahre lange dauerte die Reise im All, bis das Mini-Labor „Philae“ nach Milliarden von Kilometern endlich sein Ziel auf „Tschuri“ erreichte.

Aber jetzt geht die eigentliche Arbeit erst richtig los. Wissenschaftler sind gespannt, welche Geheimnisse sie dem Himmelskörper „67P/Tschurjumow-Gerassimenko“ entlocken können.

Bodenbeschaffenheit, Temperatur oder die Zusammensetzung des Kometenkerns - all das ist von größtem Interesse. Damit wollen die Forscher zur Lösung eines alten Rätsels beitragen: „Es ist eher die Frage:“Wo kommen wir her? statt „Wo gehen wir hin?“, sagt Stephan Ulamec, „Philae“-Projektleiter beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln.

Kometen sind mehrere Milliarden Jahre alt und stammen aus der Anfangszeit unseres Sonnensystems. „Alles, was wir bekommen, ist für die Wissenschaftler eine Fundgrube“, sagt DLR-Sprecherin Manuela Braun. „Der Komet kommt aus besonders kalten Regionen, hat die Urmaterie wie ein Kühlschrank konserviert.“

Selbst wenn es nicht so viele Informationen geben sollte wie erwartet, „wäre es trotzdem toll“, meint Braun. Denn es sei ja schließlich die erste Landung auf einem Kometen und damit auch der erste direkte Kontakt zum Untersuchungsobjekt - wie kurz auch immer.

Das DLR ist verantwortlich für das Labor „Philae“. Das kühlschrankgroße Gerät wurde von der Sonde „Rosetta“ auf seiner langen Reise huckepack zu „Tschuri“ gebracht. Bei der Annäherung an den Kometen haben die Experten schon einiges herausgefunden: Der Bote aus der Vergangenheit stinkt nach faulen Eiern und Pferdestall, es ist dort dunkler als im Kohlenkeller und bitterkalt.

Jetzt geht es weiter mit der Arbeit. „Wir haben die Ursubstanz des Sonnensystems unter Beobachtung“, erläutert Systemingenieur Rüdiger Gerndt, der für Airbus Defence and Space mit „Philae“ befasst war.

„Wir können dann vielleicht auch etwas zu dem Verständnis beitragen, wie Leben auf der Erde entstanden ist“, hofft der Kometenexperte der Europäischen Weltraumagentur (Esa), Gerhard Schwehm. Dass sie vor langer Zeit Moleküle auf die Erde brachten, könne als gesichert angenommen werden. „Haben Kometen aber damit auch einen Beitrag dazu geleistet, dass sich Leben auf der Erde entwickelte?“, umschreibt Schwehm die Frage, die beantwortet werden soll.

„Philae“ hat zehn Instrumente an Bord, um „Tschuri“ zu untersuchen: etwa „Mupus“, um die Temperatur des Kometen zu erforschen. Oder „Sesame“, eine Art Echolot in den drei Füßen des Landers. „Wir horchen in „Tschuri“ hinein, welche akustischen Eigenschaften der Kometenkern hat, beschreibt Braun die geplanten Experimente. Für das Instrument „Consert“ sollen „Philae“ und „Rosetta“ sich „Tschuri“ für eine Art Tomographie in die Mitte nehmen und ihn durchleuchten.

Auch für den Kometenexperten Schwehm bleibt es eher bei einem Blick in die Vergangenheit. „Das ist unsere menschliche Neugier, dass wir auf „Tschuri“ sind. Wir wollen einen Blick in die Kinderstube des Sonnensystems werfen. Kometen sind dafür der einzige Zugang.

Eine Schlussfolgerung für die Zukunft der Menschheit und die Erde lasse sich aus den Erkenntnissen über „Tschuri“ vermutlich eher nur schwer ableiten. Trotzdem sei es nicht umsonst: „Es wird klar werden, dass wir Menschen eine gewisse Verantwortung haben.“

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