Erstmals haben Forscher in den USA genetisch veränderte Nutzpflanzen in der Wildnis nachgewiesen. Wie die Wissenschaftler von der University of Arkansas in Fayetteville, der California State University in Fresno und der Umweltschutzbehörde EPA berichten, entdeckten sie etliche transgene Rapspflanzen in North Dakota an Orten, wo sie nicht ausgesät worden waren.
Auf der Konferenz der Ecological Society of America in Pittsburgh, Pennsylvania, warnten die Forscher, ihre Daten würden zeigen, dass der Einsatz genetisch veränderter Pflanzen in den USA nicht ausreichend kontrolliert würde. Meredith Schafer, Cynthia Sagers und ihre Kollegen entdeckten zwei verschiedene Gen-Raps-Sorten außerhalb landwirtschaftlicher Flächen: Eine Art, die resistent ist gegen Monsantos Roundup-Herbizid und eine weitere mit einer Resistenz gegen das Pflanzenschutzmittel Liberty von Bayer.
"Es gab auch zwei Fälle von mehrfachen Transgenen in einzelnen Pflanzen", erklärte Sagers. Solche Sorten wurden allerdings kommerziell noch nicht eingesetzt. "Die Ergebnisse deuten deshalb darauf hin, dass sich landwirtschaftlich genutzte Populationen miteinander fortpflanzen und sich jenseits der Äcker etabliert haben." Ihre Beobachtungen hätten wichtige Bedeutung für die Ökologie und das Management natürlicher und wilder Arten sowie für den Umgang mit Biotech-Produkten in den USA.
Die Forscher hatten im Juni und Juli 2010 entlang von Haupt- und Nebenstraßen in North Dakota im Abstand von jeweils acht Kilometern an 288 Stellen Proben von Rapspflanzen genommen. Von den insgesamt 406 Pflanzen, die sie auf der Gesamtstrecke von 5400 Kilometern gesammelt hatten, zeigten 347 (85 Prozent) eine Resistenz gegenüber einem der beiden Herbizide oder sogar gegenüber beiden gleichzeitig.
Bisher, so erklärte Sagers dem Fachmagazin Nature (online), wären transgene Rapspflanzen nur außerhalb der USA - zum Beispiel in Kanada, Großbritannien und Japan - in der Nähe von Äckern aufgetreten, auf denen die Gentech-Pflanzen gezielt angepflanzt wurden. Ihr Team aber ist weit weg von solchen landwirtschaftlichen Flächen auf Populationen der gentechnisch manipulierten Rapspflanzen gestoßen: An Straßenrändern, in der Nähe von Tankstellen und von Lebensmittelgeschäften.
Rapssamen können vom Wind über weite Strecken getragen werden, außerdem ist es möglich, dass manche der Samen von Lastwagen stammen, die Saatgut transportiert haben.
"Diese wilden Raps-Populationen sind schon seit etlichen Generationen Teil der Landschaft", sagte Sagers zu Nature. Ob die Pflanzen sich auf die Ökologie auswirken, ist noch unklar.
Die Daten belegen ihrer Einschätzung nach, dass die Vorschriften, die die Ausbreitung transgener Pflanzen in die Wildnis verhindern sollen, ineffektiv sind und die die Überwachung nicht ausreicht.
Vor zwei Jahren hatte eine schwedische Studie gezeigt, dass gentechnisch veränderte Rapssamen zehn Jahre im Boden überdauern können - sogar wenn regelmäßig Gift gespritzt und gepflügt wird.
Kritiker der Grünen Gentechnik weisen schon lange darauf hin, dass der Einsatz transgener Pflanzen nicht nur zu einer Monopolstellung von Saatgut- und Chemieunternehmen wie Monsanto und Bayer führen könnte. Auch die ökologischen und ökonomischen Risiken, die mit ihrer Ausbreitung einhergehen, lassen sich angeblich nicht seriös einschätzen. Die Studie der US-Wissenschaftler deutet jetzt darauf hin, dass sich die Ausbreitung der Gentech-Pflanzen tatsächlich kaum kontrollieren lässt.
Der Einsatz gentechnisch veränderter Nutzpflanzen hat in den USA in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen. Inzwischen wächst hier etwa die Hälfte der weltweit produzierten Gentech-Pflanzen.