Eppstein:Hessens Wälder sind in historisch schlechtem Zustand

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Dürre, Hitze, Sturmschäden und dazu noch der Borkenkäfer: Die zurückliegenden beiden Jahre haben in Hessens Wäldern teils dramatische Schäden verursacht. Das...

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Eppstein (dpa/lhe) - Dürre, Hitze, Sturmschäden und dazu noch der Borkenkäfer: Die zurückliegenden beiden Jahre haben in Hessens Wäldern teils dramatische Schäden verursacht. Das geht aus dem aktuellen Waldzustandsbericht hervor. Der Wald ist derzeit in dem schlechtesten Gesundheitszustand seit Beginn der Erhebung vor rund 36 Jahren. Der Anteil starker Schäden liegt 2019 mit knapp sieben Prozent doppelt so hoch wie im Mittel der Jahre seit 1984. Die Absterberate stieg deutlich auf 2,3 Prozent.

Die Hälfte der toten Bäume sind Fichten. Seit dem ersten Waldzustandsbericht 1984 hatte die Sterberate im langjährigen Durchschnitt nur 0,3 Prozent betragen. Zusätzlich mussten 2019 knapp sechs Prozent der Bäume nach Windwurf und Borkenkäferbefall außerplanmäßig aus dem Wald geholt werden, wie aus dem Bericht hervorgeht, der am Mittwoch nahe Eppstein im Taunus vorgestellt wurde.

„Der Klimawandel ist in Hessen angekommen“, erklärte Umweltministerin Priska Hinz (Grüne). „Das Jahr 2019 war bislang zu trocken und zu warm, der Borkenkäfer konnte sich massenhaft vermehren, viele junge Pflanzen sind abgestorben.“ Auch Stürme und 85 Waldbrände hätten den Wäldern geschadet.

Vieles weise darauf hin, dass sich die ungünstige Entwicklung 2020 fortsetzen wird, heißt es im Bericht. Dies werde dann wahrscheinlich, wenn der Bodenwasserspeicher im Winter nur ungenügend aufgefüllt wird. Schlecht sei auch, wenn die Bäume nur noch sehr wenig Laub oder Nadeln haben und dadurch in ihrer Wasser- und Nährstoffversorgung eingeschränkt sind. Auch günstige Bedingungen für schädliche Insekten und Pilze können dem Wald weiter zu Schaffen machen.

„In der Klimakrise steht der Wald an erster Stelle“, sagte Johannes Eichhorn von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt. Die Fichte sei von den Schäden sehr stark betroffen, die Buche moderat und die Eiche zeige sich stabil. Der Leiter von Hessen Forst, Michael Gerst, erklärte, die Entwicklung bereite „sehr große Sorgen“. „Wir ahnen, dass sich die Situation in den nächsten Jahren fortsetzen wird.“

Damit kahle Flächen wieder grün werden, fördert Hessen Forst vor allem die Naturverjüngung. Wo der Wald nicht aus eigenen Kraft nachwachse, werde aufgeforstet, sagte Gerst. Nach den Worten von Eichhorn setzt die Forstverwaltung auf stabile Mischwälder, die dem Klimawandel trotzen können.

Angesichts der Herausforderungen durch die Waldschäden kündigte Hinz an, einen bis 2025 geplanten Personalabbau in der Forstverwaltung zunächst zu stoppen. Es werde kein Revier aufgelöst, sagte sie. Die Landesregierung stelle bis 2023 insgesamt 200 Millionen Euro für den Waldschutz und die Aufforstung bereit.

Den hessischen Waldbesitzerverband treiben zusätzliche Probleme beim Holzverkauf um. Der Fichtenholzmarkt sei nahezu zusammengebrochen, da im Kampf gegen den Borkenkäfer in kurzer Zeit viele Bäume gefällt werden mussten, teilte der Verband mit. Um trotzdem kleine Gewinne zu erzielen, hätten Forstbetriebe gemeinsam mit Exportunternehmen dicke Stämme in Seefrachtcontainern nach China verkauft. Allerdings untersage die Polizei in Hessen seit Anfang Oktober LKW-Transporte von Holz in Containern bei der Beladung im Wald oder stoppe die Fahrzeuge auf dem Weg in die Seehäfen, beklagten die Waldbesitzer. Dabei sei der Export von Rundholz in Seefrachtcontainern seit 25 Jahren geübte Praxis.

Für den Zustandsbericht untersuchen Experten regelmäßig den Wald nach einem festen Raster. In den Monaten Juli und August wird bei etwa 4000 Bäumen unter anderem geschaut, wie dicht die Blätter und Nadeln ihrer Kronen wachsen. Hier gilt: Je größer der Wert für die Kronenverlichtung, desto größer sind die Gesundheitsschäden der Bäume.

Im Vergleich zu anderen Baumarten hat die Fichte 2019 in Hessen am stärksten gelitten. „Bei der älteren Fichte hat sich die mittlere Kronenverlichtung von 29 Prozent im Vorjahr sprunghaft auf 38 Prozent verschlechtert“, fasst der Bericht zusammen. „Dies ist mit Abstand der höchste Wert in der Zeitreihe.“

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