Der Großteil der Robben, die letztes Jahr an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste zur Welt gekommen ist, ist tot. In den vergangenen Monaten sind insgesamt mehr als 900 Robben unter rätselhaften Umständen gestorben.
"Eine gewisse Anzahl von Totfunden ist normal, doch im letzten Herbst und Winter waren es dreimal mehr Tiere als üblich", sagte der Biologe Kai Abt vom Kieler Büro Wildlife Consulting, der den Seehundbestand im Auftrag des Landes erfasst.
Ursache des Massensterbens sei in vielen Fällen eine Erkrankung der Tiere mit dem Lungenwurm, die bei Obduktionen festgestellt werden konnte. Wie das Landesamt berichtet, wird auch von der niedersächsischen Küste sowie den Niederlanden zurzeit ein "hochgradiger Lungenwurmbefall" gemeldet.
Jedoch sei derzeit noch unklar, ob es sich bei dem Jungtiersterben von 2009 um den Beginn eines Trends oder eine Ausnahme handelt.
Mögliche Ursache ist der Klimawandel
Abt hingegen bringt das Sterben der Tiere mit großklimatischen Schwankungen in Verbindung, die den Einstrom von Nährstoffen aus dem Atlantik in die Nordsee beeinflussen. Davon seien die Fischbestände unmittelbar betroffen und es gebe für die Robben kurzfristig weniger Nahrung als früher.
Diesen Nahrungsengpass würden die Jungtiere am meisten zu spüren bekommen, da sie bei der Jagd noch nicht dieselbe Ausdauer zeigten wie ihre ausgewachsenen Artgenossen.
Andere Wissenschaftler zweifeln an dieser These. So liegen im Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz in Schleswig-Holstein keine Belege dafür vor, dass der Nahrungsbestand für junge Seehunde zurückgegangen sei.
Die Tiere ernähren sich von Grundeln, Krabben, kleinen Schollen und anderen Fischen.
Einig sind sich die Experten jedoch darin, dass das Ökosystem weiter untersucht werden müsse, um die Ursachen des Jungtiersterbens aufzuklären.
Auch wenn viele 2009 geborene Jungtiere zu Tode kamen, gab es im letzten Jahr so viele Seehunde in Schleswig-Holstein wie noch nie seit Beginn der Zählungen im Jahr 1975. Im Sommer wurden 8415 Seehunde gesichtet, knapp fünfmal so viele wie vor 35 Jahren. 2263 davon waren Jungtiere.