Südafrika:Die Pille für Elefanten

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Elefanten in einem Nationalpark in Südafrika. Nehmen sie überhand, vernichten sie den Lebensraum anderer Tiere. (Foto: dpa)

Südafrika sorgt gut für die Elefanten in seinen Reservaten. Die Folge: Die Tiere vermehren sich prächtig - und werden zur Plage. Nun setzen Veterinärmediziner auf Verhütung. Doch wie verabreicht man den Elefanten Verhütungspräparate?

Von Juliette Irmer

Das Problem klingt unglaublich: Zu viele Elefanten? Wo doch die Vereinten Nationen erst vor zwei Wochen gewarnt haben, den Tieren drohe wegen der ungebremsten Wilderei die Ausrottung in Afrika? Fakt ist: Immer mehr Elfenbein wird illegal gehandelt, dem UN-Bericht zufolge hat sich die Menge seit 2007 verdoppelt. Tatsache ist aber auch: In Südafrika gibt es viel zu viele Elefanten. Als einziger afrikanischer Staat zäunt das Land seine Naturreservate ein und versieht sie mit künstlichen Wasserstellen. So sind die Tiere ebenso geschützt wie versorgt - und verdoppeln ihren Bestand alle 15 Jahre. Das lässt die Elefanten zu einem Problem werden. Sie fressen Bäume und Sträucher kahl, entwurzeln sie und vernichten auf diese Weise den Lebensraum anderer Tiere und Pflanzen.

Schon lange suchen Tierparks in Südafrika nach einer geeigneten Methode, die Größe von Elefantenherden zu kontrollieren. Nun soll ein Teil der weiblichen Tiere verhüten. Seit zwölf Jahren forscht Henk Bertschinger von der Tiermedizinischen Fakultät der Pretoria Universität an der "Pille" für Elefanten, die eigentlich eine Art Impfung ist und injiziert wird. "Die Immunokontrazeption funktioniert zuverlässig und hat keine Nebenwirkungen", sagt er. "Bis heute haben wir 230 Elefantenkühe in 15 Reservaten erfolgreich behandelt."

Um Elefantenkühe unfruchtbar zu machen, injizieren ihnen Tierärzte ein Protein namens PZP, das aus der Eizellhülle von Schweinen gewonnen wird. Daraufhin bilden die Elefanten Antikörper. Diese legen sich wie ein Schutzwall um die Elefanteneizellen und blocken so die Spermien ab.

Das Prinzip klingt einfach, die Anwendung jedoch ist aufwendig. Aus einem Hubschrauber heraus schießen Tierärzte den Elefantenkühen Spezialnadeln in den Rücken. Wird eine Kuh getroffen, platzt zusätzlich eine Farbpatrone, um das Tier mit einem Fleck zu markieren. Die Impfung muss jährlich aufgefrischt werden, sonst kann die Kuh wieder trächtig werden.

Die Sorge, die niedrigere Geburtenrate könnte das soziale Gefüge einer Elefantenherde durcheinander wirbeln, scheint unbegründet zu sein. So begrüßen viele Naturschützer die Impfung als lang ersehnte Alternative zum sogenannten Culling, dem Erschießen. Bis 1994 war diese radikale Form der Populationskontrolle in Südafrika erlaubt. Der heftige Protest von Tierschutzorganisationen sowie die zunehmende touristische Bedeutung der Elefanten führten jedoch zu einem Verbot. In der Folge stieg die Zahl der Elefanten wieder kräftig - und das Culling wurde im Jahr 2007 erneut erlaubt. Es ist aber ebenso unpopulär wie zuvor.

So segensreich die Empfängnisverhütung für Elefanten sein kann - sie hat einen Haken: Die aufwendige und kostenintensive Methode eignet sich nur für kleinere Reservate bis etwa 1000 Elefanten. Im Krüger Nationalpark aber, dem größten Tierpark Südafrikas, leben 14 000 Elefanten. In Parks dieser Dimension hilft nur eine natürliche Geburtenkontrolle, ist Rudi van Aarde überzeugt. "Die Elefanten vermehren sich so stark, weil ihre Lebensweise unnatürlich ist", sagt der Direktor der Ökologischen Fakultät der Pretoria Universität und einer der renommiertesten Elefantenexperten Südafrikas.

Normalerweise wandern Elefanten auf der Suche nach Nahrung und vor allem Wasser umher. Das gibt der Vegetation die Chance, sich vom Appetit der Tiere wieder zu erholen. Außerdem wirken die Wanderungen als natürlicher Auslesemechanismus: Viele Jungtiere überleben sie nicht, dadurch bleibt die Populationsgröße stabil. Da Elefanten in Parks mit permanenter Wasserzufuhr ihre Wanderungen einstellen, plädiert van Aarde als Erstmaßnahme dafür, die künstlichen Wasserstellen zuzuschütten. "In den vergangenen zehn Jahren wurden im Krügerpark etwa die Hälfte der Wasserlöcher trockengelegt. Mit dem Ergebnis, dass sich die Elefantenpopulation stabilisiert hat", sagt er.

Mit anderen Elefantenexperten setzt sich van Aarde dafür ein, sogenannte Megaparks zu gründen. Über Ländergrenzen hinweg sollen Reservate ausgeweitet und miteinander verbunden werden. So soll der Great Limpopo Transfrontier Park, der im Länderdreieck zwischen Mosambik, Südafrika und Zimbabwe entsteht, langfristig 100 000 Quadratkilometer umfassen. Der Zaun zwischen dem Krügerpark und dem Limpopopark in Mosambik ist bereits eingerissen. Megaparks sollen Elefanten langfristig vor einer weiteren großen Bedrohung retten: dem Verlust ihres Lebensraums.

© SZ vom 21.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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