Wenn der amerikanische Weinexperte Robert Parker seine Punkte verteilt, dann zittern die Winzer. Das Urteil des Großkritikers beeinflusst massiv den Preis jeder Flasche und trägt bei zum Erfolg oder Scheitern eines Weingutes.
Eine Studie von Michael Siegrist und Marie-Eve Cousin vom Lehrstuhl für Konsumverhalten an der ETH Zürich zeigt nun, dass dieses Urteil sich auch auf das Geschmacksempfinden auswirken kann. (Appetite, Bd.52, S. 762, 2009).
Die Forscher kredenzten 163 Probanden den argentinischen Rotwein "Clos de Los Siete Mendoza" - Jahrgang 2006 -, der von Parker mit herausragenden 92 von 100 maximal möglichen Punkten bewertet worden war. Die Testpersonen wurden in Gruppen eingeteilt: Eine Gruppe erfuhr von der guten Parker-Bewertung vor dem Degustieren, einer zweiten wurde eine nur durchschnittliche Wertung von 72 Punkten vorgegaukelt. Zwei weitere Gruppen erhielten diese Informationen erst nach dem Verkosten, jedoch vor Abgabe der Bewertung.
Urteil wirkt auch auf Preis
Die Auswertung der Testreihen ergab, dass die Probanden, die den Parker-Wert von 92 vor der Verkostung erfahren hatten, den Wein deutlich besser einschätzten als diejenigen, die glaubten, sie hätten lediglich einen 72-Punkte-Wein getrunken. Entsprechend wirkte sich die Information auf den Preis aus, den die Leute zahlen würden.
Bei den Probanden hingegen, die erst im Nachhinein die Punktezahlen erfuhren, gab es solche Unterschiede nicht. Siegrist folgert daraus, dass die vorab informierten Teilnehmer tatsächlich ein anderes Geschmackserlebnis hatten und sich nicht einfach nur als Weinkenner beweisen wollten. Er empfiehlt Gastgebern deshalb: "Immer die Qualität des Weines hervorheben, bevor er getrunken wird."