Stammzellforschung:Beitrag zur Autismus- und Schizophrenieforschung

Lesezeit: 2 min

In ihrer Arbeit stellen sie ein Beispiel für die Anwendung ihrer Organoide vor: die Mikrozephalie. Patienten mit dieser Fehlentwicklung des Gehirns haben einen außergewöhnlich kleinen Kopf und ein kleines Hirn. Sie sind in der Regel geistig behindert. Die Entstehung der Erkrankung ist im Tierversuch mit Mäusen nicht gut nachzuvollziehen. Die Forscher entnahmen einem Patienten mit einer genetischen Form der Mikrozephalie einige Hautzellen. Diese verwandelten sie mit einem gängigen Verfahren in pluripotente Stammzellen und ließen diese dann im Bioreaktor heranwachsen.

cerebrale Organoide

Hier ist Gehirngewebe neben entstehendem Netzhautgewebe (braun eingefärbte Region) bei einem cerebralen Organoid zu sehen.

(Foto: dpa)

Sie verglichen anschließend die entstandenen Organoide mit solchen, die aus gesunden Zellen hervorgegangen waren. In den Mikrozephalie-Hirnen fand das Team insgesamt weniger Vorläuferzellen und mehr bereits ausdifferenzierte Zellen. Dies deute daraufhin, dass eine verfrühte Differenzierung der Zellen der Grund für die Mikrozephalie sei, schreiben die Forscher.

"In Zukunft möchten wir auch andere Krankheiten, die mit entwicklungsbiologischen Störungen des Gehirns in Zusammenhang stehen könnten - etwa Autismus oder Schizophrenie - in der Kultur nachbauen und erforschen", sagt Studienleiter Knoblich.

Auch für die Pharmaindustrie könnten solche Kultursysteme von Bedeutung sein, etwa um die Wirkung von Arzneien und die Folgen von Chemikalien zu testen.

Trotz der fesselnden Daten sei die Realisierung eines "Gehirns in der Petrischale" weiter außer Reichweite, kommentiert der deutsche Stammzellforscher Oliver Brüstle von der Universität Bonn die Untersuchung seiner Kollegen. Innerhalb der Organoide seien die verschiedenen Hirnbereiche zufällig verteilt. Sie besäßen nicht dieselbe Form und räumliche Organisation wie im Gehirn. Da ein Kreislauf fehle, sei die Nährstoffversorgung der Organoide eingeschränkt, so dass sie zudem nur einige Millimeter groß werden könnten. Und selbst diese kleinen Organoide besäßen in ihrem Kernbereich eine "tote Zone", in der die Zellen weder Sauerstoff noch Nährstoff bekämen.

Mit der Arbeit sei aber eindrucksvoll gezeigt, dass solche Kulturen in der Entwicklungsbiologie und in der Biomedizin als Hilfsmittel eingesetzt werden können.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema