Die Ölprognosen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) fallen düster aus: Weil die Vorräte wegen des hohen Wachstums in Ländern wie Indien oder China schwinden, wird sich der Ölpreis den Ökonomen zufolge in zehn Jahren auf 200 Dollar pro Barrel (159 Liter) verdoppeln. Energieverbraucher müssen sich daher auf steigende Heiz- und Warmwasserkosten einstellen.
Doch Alternativen sind in Sicht: So können zum Beispiel solarthermische Anlagen Wohngebäude oder Büros mit Wärme versorgen. Das Prinzip ist einfach: Ein sogenannter Solarabsorber - dabei handelt es sich meist um einen Kollektor aus Metall - verwandelt Sonnenstrahlen in Wärme. Über einen Wärmetauscher wird Wasser in einem Speicher erhitzt und kann in Küche, Bad und zur Einsparung von Heizenergie eingesetzt werden.
Außerdem liefern Solarthermieanlagen Prozesswärme für Industriebetriebe und Gewerbe wie Autowaschstraßen oder Brauereien. Auch Kältemaschinen, die anstelle strombetriebener Klimaanlagen zur Raumkühlung und -klimatisierung zum Einsatz kommen, kann die Sonnenwärme antreiben.
Weit verbreitet sind die Systeme noch nicht: In Deutschland sind derzeit Solarthermieanlagen mit 6,4 Gigawatt (GW) Gesamtleistung installiert. Sie produzieren 4400 Gigawattstunden thermische Energie. Damit decken sie gerade einmal 0,3 Prozent des hiesigen Wärmebedarfs. Der Solarthermie-Anteil an der Wärmeerzeugung in Europa liegt bei nur 0,1 Prozent.
Doch das könnte sich ändern. Denn Wachstums- und Rationalisierungsfortschritte sorgen für sinkende Kosten - in den letzten 15 Jahren haben sich die Endkundenpreise für Kollektoranlagen halbiert. "Bei gleichbleibendem oder steigendem Ölpreis wird die Solarthermie schon in wenigen Jahren wettbewerbsfähig sein", sagt Peter Donat, Solarwärmeexperte am Forschungszentrum Jülich.
Die Bedeutung wächst
Noch ist die neue Wärme teurer als konventionell erzeugte: Die Kilowattstunde (kWh) Fernwärme kostet heute rund elf Eurocent. Einfache solarthermische Anlagen zur Brauchwassererwärmung produzieren die Kilowattstunde für rund zwölf Cent, bei sogenannten Kombianlagen zur Heizungsunterstützung sind es knapp 15 Cent.
Und diese Anlagen sind bislang noch relativ unwirtschaftlich, weil sie mehr thermische Energie bereitstellen müssen als reine Trinkwasseranlagen und daher größere Kollektoren benötigt werden. Und je größer die Lichtfänger konzipiert sind, desto geringer ist ihr Ertrag pro Quadratmeter Fläche.
Bis die Wettbewerbsfähigkeit erreicht ist, fördern die Länder deshalb die junge Technik. In Deutschland soll der Anteil der Ökowärme bis 2020 von derzeit 6,3 auf 14 Prozent erhöht werden. Aus diesem Grund stockt die Bundesregierung unter anderem die Fördermittel für den Einbau regenerativer Wärmequellen wie Solarthermieanlagen, Holzpelletkessel und Wärmepumpen auf: von 350 Millionen Euro in diesem Jahr auf 500 Millionen Euro 2009.
Auch in den USA wächst die Bedeutung der neuen Wärmeerzeuger: In Kalifornien sollen 200.000 Kollektoranlagen bis 2017 neu installiert werden. Die dortige Energiekommission stellt für dieses Projekt 250 Millionen Dollar bereit.
Experten halten es für möglich, dass Solarthermieanlagen in einigen Jahren Standard sein könnten. In Deutschland treiben große internationale Spieler wie Bosch Thermotechnik, Wagner & Co Solartechnik oder Viessmann den Markt an. Die Unternehmen investieren massiv in den Aufbau neuer Produktionskapazitäten und sorgen für schnelle technologische Fortschritte bei Fertigung und Produktentwicklung.
Zufrieden sind die Unternehmen mit ihren Produkten aber noch nicht.
Während in der Photovoltaik vor allem an Wirkungsgradverbesserungen von Solarzellen und neuen Zellenkonzepten gearbeitet wird, suchen Firmen und Forscher in der Solarthermie nach effizienteren Speichern, die Sonnenwärme länger bevorraten können, oder neuen, günstigeren Kollektormaterialien.
Heute bestehen die Lichtfänger üblicherweise aus Metallabsorbern und -rahmen sowie Glasabdeckungen. In Zukunft sollen die Bauteile nur noch aus Kunststoff gefertigt werden. Polymere Materialien sind - trotz steigender Ölpreise - besser verfügbar und günstiger als Metalle. Mit ihnen ließen sich erhebliche Kosten einsparen.
Auch wird bereits über den Einsatz von Polymeren aus nachwachsenden Rohstoffen nachgedacht -also Bioplastik, der etwa aus Stärke, Zucker oder Cellulose hergestellt wird. Damit wäre die Solarthermiebranche künftig weitgehend unabhängig von dem begrenzten und immer teurer werdenden Rohstoff Erdöl. Noch ist Bioplastik allerdings kein Massenprodukt und teurer als herkömmlicher Kunststoff.
Der technische Fortschritt, so die Vorstellung, könnte der Solarthermie viele neue Einsatzmöglichkeiten eröffnen: Es könnte Fassadenaufbauten geben, in denen außen Kollektoren die Solarenergie aufnehmen, ein in die Wand integrierter Speicher die Wärme bevorratet und ein Heizelement die Wärme bei Bedarf in den Raum abgibt.
Mit Solarenergie gespeiste Nah- und Fernwärmenetze könnten sogar ganze Wohn- und Gewerbegebiete mit regenerativer Wärme versorgen, so die Hoffnung der Hersteller. Große saisonale Speicher würden gewährleisten, dass im Sommer gewonnene Energie im Winter bereitgestellt werden kann.
"Wir sind überzeugt, dass die Solarthermie im Jahr 2030 über 50 Prozent des Wärmebedarfs in Europa decken kann", sagt Gerhard Stryi-Hipp, Vorsitzender der Europäischen Solarthermie-Technologieplattform (ESTTP). Die Initiative wurde 2006 ins Leben gerufen, um Forschungs- und Markteinführungsstrategien für die Solarthermie zu erarbeiten.
Noch ist die weitgehende Versorgung mit Solarwärme also nur eine Vision. Doch bei dem großen Entwicklungspotenzial der Technik und angesichts steigender Energiepreise ist nicht ausgeschlossen, dass sie in einigen Jahren wahr wird.