Psychologie:Wie Menschen aus traumatischen Erfahrungen Kraft schöpfen können

Im Militär gibt es besonders viele Fälle von posttraumatischen Belastungsstörungen. (Foto: Getty Images)

"Menschen werden verletzlicher, aber auch stärker." US-Psychologe Richard Tedeschi spricht im Interview über die Kraft, die aus schlimmen Ereignissen erwachsen kann: das "posttraumatische Wachstum".

Von Astrid Viciano

Krieg und Folter, lebensbedrohliche Erkrankungen oder der Tod des Lebenspartners: Wenn Menschen Schicksalsschläge erleben, zerbrechen manche daran. Viele andere jedoch wachsen an der Erfahrung, schöpfen neue Kraft, entdecken einen neuen Sinn im Leben. Denn die Welt gerät plötzlich aus den Fugen, und Menschen beginnen sich zu fragen, wer sie sind, welches Leben sie leben, welche Zukunft ihnen noch bevorsteht. Und finden nach intensiven Phasen des Nachdenkens neue Antworten auf ihre Fragen.

Seit Jahrzehnten betreut der amerikanische Psychologe Richard Tedeschi von der University of North Carolina in Charlotte schwer traumatisierte Menschen, stellt immer wieder fest, dass Menschen ihren schlimmen Erfahrungen oft auch Gutes abgewinnen können. "Ursprünglich wollte ich wissen, was Menschen weise macht. Alte Menschen oder Menschen, die schwerste Dinge durchgemacht haben, sind oft weise. Also haben wir mit ihnen gesprochen", sagt Tedeschi. So haben die Forscher das Phänomen des posttraumatischen Wachstums entdeckt.

Je nach den Umständen erfahren 30 bis 90 Prozent der Menschen nach einem Trauma einen Aspekt dieses Wachsens. "Das ist das Paradoxon: Menschen werden verletzlicher, aber stärker", sagt der Psychologe.

Viele Betroffene stellen auch fest, dass sie sich selbst heute viel lieber mögen als jenen Menschen, der sie vor dem Trauma gewesen sind. "Ich bin ein besserer Mensch geworden als früher. Ich glaube nicht, dass ich diese positiven Veränderungen vorgenommen hätte, wenn mir das nicht passiert wäre", sagen einige. Wann eine Person nach einem Trauma innerlich wachsen kann, was dafür notwendig ist und wie sich Menschen auf Schicksalsschläge vorbereiten können, erklärt Richard Tedeschi im SZ-Interview.

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