Ornithologie:Sing's noch mal

Schon zu Zeiten der Wikinger haben Sumpfammern wahrscheinlich genauso gesungen wie heute. (Foto: Robert Lachlan)

Sumpfammern haben wahrscheinlich schon zu Zeiten der Wikinger genauso gesungen wie heute. Wie schaffen die Tiere es, ihre Traditionen derart lange aufrechtzuerhalten?

Von Tina Baier

Rein äußerlich ist die Sumpfammer ein eher unscheinbarer Singvogel, der in weiten Teilen der USA relativ häufig vorkommt. Doch wie Forscher in der Fachzeitschrift Nature Communications berichten, können die grau-braunen Vögel etwas, das man bisher nur Menschen und einigen besonders intelligenten Tieren zugetraut hat: Sie pflegen Traditionen und geben sie von Generation zu Generation weiter, wahrscheinlich über Hunderte von Jahren hinweg. Sogar für Menschen ist es schwierig, Bräuche über einen derart langen Zeitraum aufrechtzuerhalten.

Im Fall der Sumpfammern geht es um Traditionen im Gesang. Schon länger ist bekannt, dass es in der Abfolge der Töne lokale Gepflogenheiten gibt: Sumpfammern in New York singen etwas anders als ihre Artgenossen in Michigan oder Wisconsin - ähnlich wie Menschen, die verschiedene Dialekte sprechen. Die lokale Art zu singen lernen Jungvögel in ihren ersten Lebenswochen, indem sie das Gezwitscher der Alten imitieren. Dabei unterlaufen dem Nachwuchs kaum Fehler, wie das Team um Robert Lachlan von der Queen Mary University of London herausgefunden hat. Junge Sumpfammern sind denach hochbegabte Imitatoren, die den Gesang zu mehr als 98 Prozent exakt nachtrillern. Diese Fähigkeit ist nach Ansicht von Lachlan aber nur ein Grund dafür, dass Sumpfammern es schaffen, ihre Gesangstraditionen über extrem lange Zeiträume aufrechtzuerhalten, ohne sie je zu verändern. Der andere ist, dass die Jungvögel nicht zufällig irgendwelche Lieder nachträllern. Lachlan hat herausgefunden, dass sie vielmehr gezielt die Gassenhauer imitieren, die in der Vogelschar besonders oft gesungen werden. Mit diesen allseits bekannten Melodien haben die Männchen später dann auch den größten Erfolg bei den Weibchen.

© SZ vom 21.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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