Der Chip ist so winzig wie ein Reiskorn, doch was sie an der Universität im kalifornischen Stanford gebaut haben, könnte ein gewaltiges Problem lösen: Es soll elektronischen Implantaten den Weg bis in abgelegene Stellen des Körpers bahnen.
Cochlea-Hörhilfen, Herzschrittmacher oder Neuroprothesen: Längst tragen viele Menschen Elektronik in sich. "Wir könnten noch viel mehr machen", sagt John Ho, der das Mini-Implantat mitentwickelt hat, "doch bisher hatten wir immer das Problem der Energieversorgung."
Denn Mikrochips in Implantaten schrumpfen zwar, doch Batterien sind immer noch vergleichsweise groß. Je massiger das Implantat, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sich in feineren Strukturen des Körpers Gewebe ansammelt und Signale nicht übertragen werden. Zudem müssen Herzschrittmacher-Träger die Batterien regelmäßig wechseln.
Der Traum: ein Implantat, das auf ewig im Körper bleibt
Diese Hürde möchten die Stanford-Forscher mit dem Reiskorn-Implantat elegant nehmen. Sie haben einen Transmitter entworfen, der, an die Haut gehalten, schwache elektromagnetische Wellen direkt an eine Spirale des Chips schickt, um ihn aufzuladen. Ein erster Versuch, den Herzschrittmacher eines Hasen so am Laufen zu halten, war erfolgreich.
Wenn das Lade- und Größenproblem gelöst ist, könnten Implantate künftig häufiger direkt in Organe und das Gehirn eingesetzt werden. "Der Traum ist ein Mikrochip, der so klein ist, dass er mit einer Nadel injiziert werden kann und niemals ausgewechselt oder neu programmiert werden muss", skizziert John Ho das Ziel.
Mediziner wie der Kardiologe Vivek Reddy sind jedoch skeptisch. Reddy glaubt, dass Patienten mit dem Aufladen überfordert sein könnten. Bei lebenswichtigen Geräten wie Herzschrittmachern sei aber jeder Fehler tödlich.
Die Pharmakonzerne verfolgen Projekte wie diese dennoch mit großem Interesse: Epilepsie-Patienten lassen beispielsweise bereits über Implantate im Brustkorb ihren Vagusnerv stimulieren, die zentrale Verbindung des vegetativen Nervensystems. Die regelmäßige Aktivierung, zum Beispiel alle fünf Minuten für je 30 Sekunden, senkt die Zahl der Anfälle in der Regel. 45 000 Patienten trügen weltweit bereits ein solches Implantat, in Deutschland seien es etwa 700, schätzt die Universität Bonn. Ähnliche Behandlungsmethoden werden auch bei schweren Depressionen angewendet.
Inzwischen mehren sich die Anzeigen, dass sich nicht nur neuronale Krankheiten mit Hilfe elektronischer Implantate behandeln lassen. Forscher am Feinstein Institute for Medical Research im US-Bundesstaat New York wollen etwa am "entzündlichen Reflex" ansetzen, einer Nervenbahn, über die das Gehirn die Aktivität des Immunsystems kontrolliert. In einer Testreihe konnte ein Implantat am Vagusnerv die Schmerzen von Patienten lindern, die unter rheumatoider Arthritis leiden. Die Krankheit wird durch ein überaktives Immunsystem ausgelöst; die Implantate blockierten die Signale zur Ausschüttung entsprechender Botenstoffe.