Schon in der Schule wird auf den Unterschied geachtet: Angeblich gibt es zwei Arten von Vaterlandsliebe. Auf der einen Seite die konstruktiven Patrioten, die ihr Land lieben, ohne andere Nationen abzuwerten. Sie sind politisch aktiv und engagieren sich sozial.
Liebe zur eigenen Gruppe - so definieren Sozialwissenschaftler und Psychologen sowohl Nationalismus als auch Patriotismus. Gruppen wiederum brauchen gemeinsame Erkennungsmerkmale, so wie die Uniformen dieser Soldaten bei einer Parade zum französischen Nationalfeiertag am 14. Juli.
(Foto: REUTERS)Auf der anderen Seite die Nationalisten, die ihr Land verherrlichen und alles Fremde missachten. Sie sind chauvinistisch und ausländerfeindlich. Nach Auffassung des Soziologen Thomas Blank fühlt sich der deutsche Patriot Grundwerten wie Freiheit und Gleichheit verpflichtet und ist stolz auf die sozialen Sicherungssysteme. Der Nationalist ist demgegenüber an Werten wie Macht, Dominanz und kultureller Homogenität orientiert.
Zweiteilung politisch motiviert
Doch eine solche Zweiteilung der Menschen in Patrioten und Nationalisten ist politisch motiviert - sie dient dazu, Patriotismus als wünschenswerte Eigenschaft propagieren zu können. Eine empirische Basis für den Unterschied zwischen Vorzeige- und Schmuddelbürgern gibt es jedoch nicht, wie neueste Untersuchungen zeigen (Wilhelm Heitmeyer: Deutsche Zustände, Folge 5. Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2007).
Nach Erkenntnissen des Psychologen Christopher Cohrs von der Universität Jena lassen sich Menschen nicht in gute Patrioten und böse Nationalisten einteilen. Bürger, die sich stark mit ihrem Land identifizieren, so Cohrs, seien anfällig für intolerantes und ausländerfeindliches Gedankengut: "Menschen mit patriotischen Einstellungen lehnen Nationalismus nicht ab. Vielmehr geht beides oft Hand in Hand."
So zeige sich in Umfragen, dass Patrioten zum Nationalismus neigen. Statistisch betrachtet hängen Patriotismus und Nationalismus eng zusammen. Viele Patrioten sind schlicht und einfach auch Nationalisten.
Zwar behaupten Politiker gerne, dass ein aufgeklärter, selbstbewusster Patriotismus unverzichtbar für die Zukunft des Landes sei, doch Empiriker zeichnen ein anderes Bild vom Patrioten: Je stärker sich jemand mit seinem Land verbunden fühlt, desto eher wertet er andere Nationen oder Minderheitengruppen ab.
Demokraten, nicht Patrioten, sind ideale Bürger
Der Psychologe Daniel Bar-Tal von der Tel Aviv University hält es für die positive Entwicklung eines Landes deshalb für unwichtig, ob die Bürger patriotisch eingestellt sind oder nicht. Wichtig sei lediglich, ob sie sich als überzeugte Demokraten verstehen. Demokratie könne auch der wertschätzen, der zu seinem Vaterland ein nüchternes Verhältnis habe.
"Die Bindung an das eigene Land fördert die Ablehnung von Fremden, die Präferenz für Demokratie vermindert sie hingegen", sagt der Soziologe Wilhelm Heitmeyer vom Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielfeld. Das heißt: Demokraten sind ideale Bürger, nicht Patrioten.