Ignoble-Preise:Oralsex unter Flughunden

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Am Donnerstag wurden an der Harvard-Universität zum 20. Mal die Ignoble-Preise für groteske Forschung verliehen. Die ausgezeichneten Studien sind wirklich ... interessant.

Christina Berndt

Nur die Herren von Goldman Sachs, Lehman Brothers und Merrill Lynch trauten sich nicht. Alle anderen Honoratioren nahmen die fragwürdige Ehrung mit Humor entgegen:

Ein Team chinesischer Forscher hat in Zusammenarbeit mit der University of Bristol erstmals belegt, dass es unter Flughunden Oralsex gibt, der sich "verlängernd auf die Gesamtkopulationszeit" der Tiere auswirkt. Diese Forschung hat den Ignoble-Preis verdient. (Foto: dpa)

Am Donnerstag wurden an der Harvard-Universität zum 20. Mal die Ignoble-Preise für groteske Forschung verliehen. Die Banker sollten den Preis in der Kategorie Wirtschaft erhalten, "für die Schaffung neuer Wege, Gewinn zu maximieren und das finanzielle Risiko für die Weltwirtschaft zu minimieren, zumindest für einen Teil davon", so das Preiskomitee.

Womit sich innovative Köpfe so beschäftigen, wirkt auf Normalbürger häufig sonderbar. Mit den Ignoble-Preisen ("ignoble" bedeutet so viel wie "unwürdig", "schändlich" und "gemein") werden alljährlich besonders bizarre Neuerungen ausgezeichnet.

Übergeben werden die Anti-Nobelpreise traditionell in durchaus würdigem Ambiente, nämlich in der Woche vor der Bekanntgabe der echten Nobelpreisträger von echten Nobelpreisträgern.

Naserümpfen löst vor allem die Anti-Auszeichnung im Bereich Ingenieurwissenschaften aus, die in diesem Jahr an drei Forscherinnen aus England und Mexiko ging. Sie haben eine Methode entwickelt, wie sich mit einem ferngesteuerten Helikopter Walrotz sammeln lässt, den die Tiere beim Ausatmen aus den Blaslöchern katapultieren. Dies sei "ein neues nichtinvasives Instrument zur Überwachung von Krankheiten freilebender Wale", schrieben die drei im Fachblatt Animal Conservation (Bd.13, S.217, 2010).

Bahnbrechende Arbeit zum Sexleben von Flughunden leistete ein Team chinesischer Forscher in Zusammenarbeit mit der University of Bristol. Mit ihrer Veröffentlichung in der Fachzeitschrift PLoS One (Bd.4, S.e7595, 2010) belegen sie erstmals, dass es unter Flughunden Oralsex gibt, der sich "verlängernd auf die Gesamtkopulationszeit" der Tiere auswirkt. Bei 14 der 20 beobachteten Geschlechtsakte leckte das von hinten gedeckte Weibchen vornübergebeugt am unteren Penisteil des Männchens, schildern die Wissenschaftler ihre Beobachtungen. Kein einziges Männchen habe seinen Penis zurückgezogen, wenn sich das Weibchen mit dem Mund näherte.

Wesentliche Fortschritte im Bereich Public Health dürfte die Arbeit aus dem auf Biowaffen spezialisierten US-Forschungszentrum in Fort Detrick gehabt haben. Dort wurde bereits 1967 experimentell belegt, dass Mikroben auch in frisch gewaschenen männlichen Bärten leben und von Bartträgern eine ernst zu nehmende Gefahr für ihre Mitmenschen ausgehe. Eine rasende Therapie-Idee aus den Niederlanden wiederum wurde mit dem Medizinpreis ausgezeichnet: Wer unter Asthma leidet, dem kann eine Fahrt mit der Achterbahn Erleichterung verschaffen, meldeten Forscher aus Amsterdam und Tilburg 2006.

Nicht unerwähnt bleiben sollte die preisgekrönte Arbeit in der Kategorie Physik. Neuseeländische Forscherinnen hatten in einer randomisierten und kontrollierten Studie an 30 Probanden herausgefunden, dass Menschen im Winter auf vereisten und abschüssigen Fußwegen seltener ausrutschen, wenn sie die Socken über ihren Schuhen tragen. Das New Zealand Medical Journal befand diese Arbeit für publikationswürdig (Bd.122, S.31, 2009). Dabei seien die Versuchspersonen mit den Socken über den Schuhen nicht etwa langsamer hinabgestiegen, betonen die Forscherinnen. Sie brauchten lediglich 1,9 Sekunden länger als die Testpersonen auf Sohlen.

"Socken über den Schuhen zu tragen, scheint eine effektive und preisgünstige Methode zu sein, die Wahrscheinlichkeit fürs Ausrutschen auf vereisten Fußwegen zu reduzieren", so ihre Schlussfolgerung. Noch dazu seien die Nebenwirkungen der wegweisenden Intervention gering: "Die einzigen unerwünschten Vorkommnisse waren kurze Perioden der Demütigung."

© SZ vom 02.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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