Heimliche Gewinner der Tierwelt:Mobilfunk hilft Raben

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Kolkraben fressen Aas, im Mittelalter nannte man sie deshalb Galgenvögel (Foto: dpa)

Artgenossen, Wölfe und selbst Autos: Raben lassen andere für sich arbeiten. Für soviel Schläue haben sie einen Platz unter den heimlichen Gewinnern der Tierwelt verdient. Sogar vom Mobilfunk profitieren die Vögel.

Von Katrin Collmar

Raben haben als Aasfresser einen schlechten Ruf. Im Mittelalter verschmähten die Vögel auch menschliche Überreste nicht und wurden deshalb Galgenvögel genannt. Anders in der Mythologie: Hier symbolisieren die Tiere, etwa als Begleiter des nordischen Gottes Odin, Weisheit und Intelligenz. Zu Recht, denn die Tiere aus der Familie der Rabenvögel sind weit anpassungsfähiger als andere Vögel, sie sind schlau und lernfähig.

So nutzen Krähen in Japan Autos als Nussknacker. Wo andere Vögel scheu die Flucht ergreifen, stolziert der Rabe gemächlich auf die Straße und platziert sorgfältig eine Nuss. Geduldig wartet er am Straßenrand, bis ein vorbeifahrendes Auto die Schale knackt. Dann widmet sich das Tier genüsslich seiner Mahlzeit.

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Einen weiteren Beleg für die Lernfähigkeit und rasche Anpassung von Raben liefern nun Wissenschaftler der Idaho State University und der Wildlife Conservation Society in einer Studie, die in der Fachzeitschrift The Condor erschienen ist. Sie zählten Nester von Kolkraben sowie anderen Raubvögeln in einer Steppe im US-Bundesstaat Idaho und verglichen die Zahlen mit historischen Daten. Das Ergebnis: Die Raben haben gelernt, auf Strom- und Mobilfunkmasten sowie auf Gebäuden Nester zu bauen.

Die Anzahl an Kolkraben in der Region hat zugenommen. Im Jahr 1986 galt der Kolkrabe in der Region noch als unüblicher Brutvogel, heute ist er dort der häufigste. Fast 50 Prozent aller Nester sind Kolkrabennester. Die anderen Vögel in der Steppe, wie der Rotschwanzbussard, der Präriebussard oder der Königsbussard, sind dagegen weniger angepasst. Sie bevorzugen die naturbelassenen Nist-Orte. Diese werden durch zunehmende Landwirtschaft und Bebauung immer seltener.

Wölfe zerlegen Beutetiere für Raben in schnabelgerechte Stücke

Die Kolkraben profitieren von den neuen, menschgemachten Nistplätzen sogar so stark, dass sie diese nun bevorzugen. Mehr als 70 Prozent der Rabennester fanden die Forscher beispielsweise an Gebäuden und Mobilfunkmasten. Klarer Favorit der Tiere war der Strommast. Die Wissenschaftler vermuten hinter den Nistgewohnheiten eiskaltes Kalkül. Stürzen sich die Vögel von den Stahlriesen zum Angriff ab, erreichen sie eine größere Geschwindigkeit als beim Sprung vom Wüsten-Beifuß-Strauch, der dominierenden Pflanze in der Steppe. Und die Nester sind weit besser vor Feinden geschützt. Außerdem weht dort oben auch an heißen Sommertagen eine frische Brise.

Solche Vorteile wissen die Raben also geschickt zu nutzen. Ebenso talentiert sind sie darin, andere ihre Arbeit erledigen zu lassen. So locken sie mit ihrem Gesang - die krächzenden Tiere gehören zu den Singvögeln - Wölfe zu Tierkadavern und lassen sich von ihnen ihren Snack in schnabelgerechte Stücke zerteilen. Denn ohne die Hilfe der beißstarken Jäger würden die zahnlosen Raben nicht durch Fell und Haut an das zarte Fleisch kommen.

Und auch bei den eigenen Artgenossen schmarotzen die Tiere. Sie plündern Futterverstecke und achten gleichzeitig penibel darauf, dass niemand sie beim Verstecken der eigenen Beute beobachtet. Sie kennen schließlich die Marotten ihrer Kollegen.

In der Serie "Heimliche Gewinner" stellen SZ-Autoren in loser Folge Lebewesen mit erstaunlichen Fähigkeiten vor. In der Wirtschaftswelt bezeichnet der Begriff "Hidden Champions" Firmen, die in einem hochspezialisierten Markt äußerst erfolgreich sind, die aber kaum jemand wahrnimmt. Solche unbekannten Sieger kennen die Ökosysteme schon seit Millionen von Jahren.

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