Artenschutz:Ware Wildtier

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Schamadrossel auf einem Vogelmarkt in Yogyakarta, Indonesien (Foto: Gabby Salazar)
  • In einer neuen Auswertung haben Forscher die Dimension des Handels mit Wildtieren abgeschätzt.
  • Sie könnte wesentlich größer sein als bislang angenommen.
  • Allerdings muss der Handel nicht in jedem Fall zum Nachteil der Art sein.

Von Nora Ederer

Ein Steak vom Känguru, eine Schlange als Haustier, ein Wintermantel mit exotischem Pelzbesatz - wilde Tiere gelten in manchen Kreisen als Statussymbol. Doch wie groß der Markt für den Handel mit ihnen tatsächlich ist, ist schwierig einzuschätzen. Nun haben Forscher um den Ökologen Brett Scheffers von der University of Florida eine Studie veröffentlicht, in der sie neue Zahlen zur Dimension des globalen Wildtierhandels vorlegen: 5579 Tierarten werden demnach weltweit gehandelt, so die Wissenschaftler, manche von ihnen legal, andere auf dem Schwarzmarkt. Stimmt diese Schätzung, dann wäre eins von fünf Wirbeltieren betroffen. Das liegt etwa 40 bis 60 Prozent über vorherigen Annahmen.

Für die im Fachblatt Science publizierte Studie hat das britisch-amerikanische Forscherteam Daten von der Internationalen Union zu Bewahrung der Natur (IUCN) und des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES) kombiniert und kam zu dem Ergebnis: Nicht jede Tierklasse ist gleich beliebt. Zum Beispiel sei die Nachfrage nach Säugetieren und Vögeln größer als nach Reptilien oder Amphibien.

Besonders hohe Preise ließen sich zudem immer dann erzielen, wenn ein Tier etwas Einzigartiges hat - wie beispielsweise eine grelle Federfarbe oder eine ausgefallene Körperform oder -größe. Auch eine besondere Fähigkeit, eine nachgesagte medizinische Wirkung oder kulturelle Bedeutung in einer Region steigern den Wert eines Tieres. Allgemein gilt: Je seltener eine Art, desto größer ist in der Regel auch die Nachfrage.

Manche Arten können unter Umständen vom Handel profitieren

Sogenannte Hotspots für den Wildtierhandel sind Südamerika, Südostasien, der Himalaja und Zentral- und Ostafrika. Amphibien für die Haustiernutzung stammen häufig aus dem Amazonasgebiet und in Indonesien werden besonders viele wilde Vögel gejagt. Außerdem fiel den Forschern auf, dass in Australien auffallend viele Reptilien für den Markt gesammelt werden.

Richard Thomas von der Tierschutzorganisation Traffic kritisiert an der neuen Studie mangelnde Differenzierung: "Die Grundannahme ist, dass der Handel mit Wildtieren grundsätzlich schlecht ist. Die Wissenschaftler stellen gehandelte Arten mit bedrohten Arten gleich." So einfach könne man das aber nicht sagen, denn nicht jede Art, die auf dem Markt angeboten wird, sei auch tatsächlich vom Aussterben bedroht. Manche Arten hätten in der Vergangenheit sogar davon profitiert als Ware gehandelt zu werden.

Außerdem weist Thomas darauf hin, dass die Datenlage zum Bestand und Handelsvorkommen vieler Tierarten äußerst schlecht ist. Zum Beispiel habe der IUCN den Bestand vieler Tierarten noch gar nicht untersucht. "Vor allem bei den Reptilien gibt es noch erhebliche Lücken", so Thomas. Deshalb biete die neue Studie eher einen "groben Überblick" als "neue Erkenntnisse aus der Welt des Wildtierhandels".

© SZ vom 07.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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