Geschichte:Report: Gedenken in der Normandie

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Ouistreham (dpa) - Eine Geste gegen das Vergessen markiert bereits den Auftakt zu diesem Tag voller Gedenken und Feierlichkeiten: In Caen, an der französischen Kanalküste, weiht Frankreichs Präsident François Hollande am Freitagmorgen ein Mahnmal für etwa 20 000 tote Zivilisten der mit dem D-Day begonnen Kämpfe ein.

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Ouistreham (dpa) - Eine Geste gegen das Vergessen markiert bereits den Auftakt zu diesem Tag voller Gedenken und Feierlichkeiten: In Caen, an der französischen Kanalküste, weiht Frankreichs Präsident François Hollande am Freitagmorgen ein Mahnmal für etwa 20 000 tote Zivilisten der mit dem D-Day begonnen Kämpfe ein.

In Erinnerungen und Geschichtsbüchern werden sie mitunter vernachlässigt angesichts der riesigen Opferzahlen, die bei Militärs mit der bis heute größten und für den weiteren Verlauf des Zweiten Weltkriegs entscheidenden Landeaktion der Militärgeschichte verbunden ist. 70 Jahre nach Beginn der Landung in der Normandie haben sie nun einen Ort der Erinnerung.

Staatenlenker und Adelsvertreter aus 20 Ländern ließen ebenso wie Gastgeber Hollande kaum eine Gelegenheit aus, die bis heute anhaltende Relevanz des historischen Ereignisses zu betonen. US-Präsident Barack Obama nannte die Landung, bei der schon am ersten Tag 4400 Soldaten der Alliierten ihr Leben ließen, einen „Brückenkopf der Demokratie“. Der 6. Juni 1944 markiert den Auftakt der Befreiung Europas vom nationalsozialistischen Deutschland von Westen her und den Beginn des Siegeszugs einer demokratischen Bewegung in aller Welt. Er steht aber auch für ein unmenschliches Blutvergießen mit Zehntausenden Toten und Verwundeten.

Obama verwies darauf, dass die zahlreich anwesenden Veteranen den Grundstein für jene Freiheit gelegt hätten, die Soldaten heute etwa in Afghanistan verteidigten. Auch Hollande sieht in der Landung einen wichtigen Baustein für die französisch-amerikanische Freundschaft. Bis heute seien beide Länder vereint im Kampf gegen Tyrannei oder Unterdrückung.

Auch in der Kathedrale Notre-Dame von Bayeux ging es um Aussöhnung. Der britische Thronfolger Charles weihte dort in Vertretung seiner Mutter, Königin Elizabeth II., eine „Glocke für Frieden und Freiheit“. Die 1150 Kilogramm schwere Kirchenglocke hat neben der Queen acht junge Menschen aus einst kriegsführenden Nationen als Paten - darunter auch Lukas Berting aus Arnsberg im Sauerland. Schon vor der Feier hoffte der 19-Jährige, dass mit dem Glockenschlag „Nationen und Völker der Welt näher zusammenstehen“.

Die zentrale Feier organisierten die Franzosen am Strand von Ouistreham. Dort waren 1944 auch 177 französische Kämpfer mit den Alliierten angelandet. Im Mittelpunkt der Mischung aus Militärparade, szenischer Geschichtserzählung und friedlichen Ausblicken immer wieder das Thema Aussöhnung. Stellvertretend standen dafür auch zwei Veteranen: Die früheren Soldaten Léon Gautier (91) aus Frankreich und Johannes Börner (89) aus Deutschland. Aus ehemaligen Feinden sind in der Nachkriegszeit Freunde geworden.

Zwischen viel militärischem Zeremoniell gab es bei der Feier immer wieder auch Momente der Auflockerung - die Staats- und Regierungschefs etwa wurden von Kindern im T-Shirt zur Versöhnungsfeier zu den Tribünen am Strand geführt. Dabei wurde ausgerechnet eine Deutsche mit langanhaltendem Applaus begrüßt: Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Sie war - nach ihrem Vorgänger Gerhard Schröder - erst der zweite deutsche Regierungschef, der zu einer D-Day-Feier in die Normandie kam. Merkel mied wie auch Schröder einen Besuch des deutschen Soldatenfriedhofs in La Cambe. Dort sind auch SS-Männer begraben. Wie Schröder wollte auch Merkel der deutschen Soldaten lieber auf dem Commenwealth-Friedhof in Ranville gedenken.

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