Frauenfußball:Traumtore

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Tempo und Technik: Wenn die deutsche Nationalspielerin Alexandra Popp (weißes Trikot) im Strafraum auftaucht, wird der Gegner nervös, hier die Schwedin Stina Lennartsson. (Foto: IMAGO/Oliver Baumgart/IMAGO/foto2press)

Frauenfußball soll langsam, technisch mau und schlecht sein? Von wegen. Eine Studie zeigt, dass es keine Qualitätsunterschiede gibt. Wer nicht erkennt, ob Frauen oder Männer spielen, findet Frauenfußball genauso attraktiv wie Männerfußball. 

Von Werner Bartens, München

Der Ball springt an der Strafraumgrenze eigentlich zu hoch ab, um ihn kontrolliert treffen zu können. Doch mit einer artistischen Einlage, einem Volleyschuss aus 20 Metern, gelingt es. Unhaltbar prallt die Kugel vom Innenpfosten ins Netz. Ein Traumtor. Auch der nächste Treffer ist ein Leckerbissen: Nach einem Dribbling im Strafraum laufen zwei Gegenspieler ins Leere, ein Rechtsschuss aus vielleicht 14 Metern - schon senkt sich der Ball in die linke Ecke. Beide Tore wurden von den Fußballverbänden Uefa und Fifa als "Highlights der Saison 2019" gewertet.

Wenn am 20. Juli die Fußball-WM der Frauen in Australien und Neuseeland beginnt, freuen sich viele Sportbegeisterte auf hochklassige Spiele, ausgefeilte Technik und Zaubertore. Ein anderer Teil der Fußballfans pflegt hingegen seine gut abgehangenen Vorurteile: Frauenfußball? Zu langsam, technisch mau - und diese schlappen Schüsse erst! Die würde jeder C-Jugendliche halten. Langweilig, kein Wunder, dass Frauen schlechter bezahlt werden und weniger Zuschauer kommen, auch wenn es um die Fußballweltmeisterschaft oder die Champions League geht.

Ob Diego Simeone oder Jürgen Klopp: Weltklassetrainer haben den Stellenwert des Frauenfußballs bereits erkannt

Wie gut, dass die Wissenschaft Vorurteile auf den Prüfstand stellt. Im Fachblatt Sport Management Review zeigen Forscher aus Zürich und Stavanger, dass Männerfußball zwar als hochwertiger eingeschätzt wird - aber nur, wenn die Betrachter wissen, dass es sich um Männer handelt. Waren die Akteure und das Geschlecht nicht zu identifizieren, unterschied sich die Bewertung der Tore und Spielszenen hingegen nicht - Frauenfußball galt dann als genauso attraktiv wie Männerfußball.

In ihrer Studie hatten die Forscher mehr als 600 Probanden im Durchschnittsalter von 34 Jahren in zwei Gruppen eingeteilt, Männer wie Frauen. Die eine Hälfte sah jeweils fünf Tore von Männern und fünf von Frauen, die während Fußballweltmeisterschaften oder in der Champions League als Höhepunkte galten. Die andere Hälfte der Studienteilnehmer sah die identischen Videoclips - allerdings verpixelt, sodass nicht zu erkennen war, ob Männer oder Frauen spielten und die Tore erzielten. "Die verbreitete Annahme, dass Frauenfußball weniger nachgefragt wird und weniger gut bezahlt ist, weil die Qualität schlechter ist, beruht auf Geschlechterklischees und Stereotypen", schlussfolgern die Autoren. "Daraus wird im Zirkelschluss abgeleitet, dass es naheliegend ist, Frauen im Fußball schlechter zu bezahlen und weniger dafür zu investieren."

Weiß man nicht, wer spielt, werde kein Qualitätsunterschied zwischen Frauen- und Männerfußball wahrgenommen. Das eingangs beschriebene Tor hat übrigens Kroatiens Nationalspieler Ivan Rakitić 2019 erzielt. Das zweite geht auf das Konto der US-Nationalspielerin Alex Morgan. Experten kennen den Wert des Frauenfußballs. Diego Simeone, raubeiniger Trainer von Atlético Madrid, betont, dass Frauen im Fußball "genauso viel Talent, Technik und Qualität" haben wie Männer und sich einzig in der Physis unterscheiden. Jürgen Klopp, Coach vom Liverpool FC, befand anlässlich der Frauen-WM 2022, dass die "Qualität der Wahnsinn" sei. Wer sich selbst überzeugen will, schaue sich die zehn Tore aus der Studie verpixelt an. Eines schöner als das andere. Von Männern wie von Frauen.

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