Flug in die Aschewolke:"Bräunliche Verfärbung"

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Es schwebt Vulkanasche aus Island an Deutschlands Himmel. Aber die Konzentration ist regional unterschiedlich, meldet das DLR nach dem ersten Testflug mit Spezialmessgeräten.

Von einer Aschewolke war am blauen Himmel nichts zu sehen, als das Forschungsflugzeug des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen startete. Während des knapp vierstündigen Flugs nach Leipzig, Hamburg, Bilthoven (Niederlande) und zurück über Stuttgart nach Oberpfaffenhofen konnten die Forscher die Asche aus dem Vulkan in Island allerdings mit bloßem Auge sehen.

Die Aschewolke war während des Testflugs kaum zu sehen - aber manchmal konnten die Wissenschaftler eine bräunliche Färbung erkennen. (Foto: Foto: DLR/ddp)

Teilweise sei eine bräunliche Färbung erkennbar gewesen, berichtete der Leiter des Instituts für Physik der Atmosphäre beim DLR, Ulrich Schumann, nach der Landung. Meist mussten sich die Wissenschaftler allerdings auf die Instrumente verlassen, die extra in die Falcon 20 E eingebaut worden waren.

Auch die haben aber Aschewolkenstrukturen nachgewiesen. Die Asche-Schichten "lagen auf der Flugstrecke in sehr unterschiedlichen Höhen", meldete das DLR. "Die Aerosolmessungen deuten darauf hin, dass in schon gealterte Vulkanasche-Wolken geflogen wurde." Die Messungen ergaben demnach, dass über Deutschland tatsächlich Asche des Vulkans am Eyjafjalla-Gletscher schwebt. Allerdings tritt sie "regional in sehr unterschiedlichen Konzentrationen auf", sagte Sabine Göge, Sprecherin des DLR im Inforadio des RBB.

Voraussichtlich am Dienstag sollen konkrete Ergebnisse des Fluges bekanntgegeben werden. Die Daten gehen zunächst an das Bundesverkehrsministerium und den Deutschen Wetterdienst. Der Flug liefere "ein Puzzleteil", um in der Zukunft fundiertere Entscheidungen treffen zu können, sagte Schumann.

Der zweistrahlige Jet war in einer Höhe von 2000 und 12.000 Metern Höhe geflogen. Die Wissenschaftler hatten insbesondere mit Hilfe eines Lasers die Teilchen aus mineralischem Staub und Schwefelverbindungen untersucht. Die sogenannten Aerosole haben eine Größe von einem bis 100 Mikrometer.

Feinstaubwerte erhöht

Das Umweltbundesamt hatte am Montagnachmittag an mehreren Messstationen im Land drastisch erhöhte Feinstaubwerte registriert. Demnach sei in der höchstgelegenen Messstation am Schneefernerhaus auf der Zugspitze (2650 Meter über Meeresspiegel) ein um das Achtfache über dem langjährigen Mittel erhöhter Wert gemessen worden. "Mit großer Wahrscheinlichkeit geht der Anstieg auf die Aschewolke des isländischen Vulkans Eyjafjalla zurück", hieß es auf der Homepage des Amts.

In der klaren Luft auf Deutschlands höchstem Berg kamen messbare Niederschläge aus Richtung Island zuerst an. Aber nicht nur dort beobachteten die Experten des Umweltbundesamts im Verlauf des Montags auffällige Veränderungen, die sich binnen weniger Stunden einstellten. Auch im Südwesten Deutschlands, speziell im Oberrheingraben, wurden höhere Werte gemessen. Auf der Messstation Schauinsland (1205 m) nahe Freiburg im Breisgau waren die Werte ebenfalls beachtlich angestiegen.

Solche kurzfristigen Erhöhungen stellen laut Umweltbundesamt zum jetzigen Zeitpunkt noch kein ernsthaftes Gesundheitsrisiko dar. Asthmatikern und anderen Menschen mit Erkrankungen der Atemwege riet das Amt, verschriebene Medikamente regelmäßig einzunehmen und die Medikamente für den vielleicht doch eintretenden Notfall bei sich zu tragen. Im Moment bestehe kein Bedarf an weitergehenden Vorsichtsmaßnahmen.

Die Wissenschaftler des DLR halten es für möglich, dass ihr Messflugzeug in den nächsten Tagen noch einmal startet. "Wir überlegen, ob das Sinn macht", erklärte Ulrich Schumann - trotz des erhöhten Risikos, die ein solcher Flug birgt.

Die Asche-Teilchen in der Luft können bei 1200 Grad in den Triebwerken schmelzen und diese lahmlegen. Diesmal kehrte die Falcon kehrte problemlos nach Oberpfaffenhofen zurück. "Das Flugzeug hat den Flug gut überstanden." Ob der Staub doch Spuren an den Triebwerken hinterlassen hat, muss noch untersucht werden. "Es gibt keine Richtwerte, was verträglich ist für ein Triebwerk", betont Schumann.

Flug im leeren Luftraum

Die Piloten Steffen Gemsa und Roland Welser waren trotz der Unwägbarkeiten gelassen zu ihrem ersten Flug in eine Aschewolke gestartet. Beide steuern seit Jahren Forschungsflugzeuge, sind mit der Falcon bereits in Wolken aus Saharastaub geflogen. Diese Wolke aus den Tiefen des isländischen Vulkans unter dem Eyjafjalla- Gletscher allerdings weist laut Schumann deutlich höhere Konzentrationen an Aerosolen auf - und ist damit gefährlicher.

Trotzdem sei der Flug zunächst unbedenklich gewesen, sagte Pilot Gemsa vor dem Start. Denn zuerst hatte das Flugzeug in 12 Kilometern Höhe die Wolke überflogen und die Dichte von oben per Laser gemessen - eine Möglichkeit, die Verkehrsflugzeuge nicht haben. Die Forschungspiloten kannten damit Lage und Schichten der Wolke.

Im Innern des Flugzeugs, in dem es neben Computern, Messgeräten und Kabeln gerade noch drei Sitzplätze für die Forscher gibt, wurden die Daten bereits während des Fluges überwacht. Zudem war der Luftraum wegen des Flugverbots so leer wie nie.

© sueddeutsche.de/dpa/Sabine Dobel/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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