Erste Kometenlandung der Raumfahrtgeschichte:"Philae" funkt erste Signale zur Erde

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  • Das Landemodul Philae der Raumsonde Rosetta hat sich erfolgreich abgekoppelt und sinkt Richtung Komet 67P/Tschurjumow-Gerassimenko.
  • Ein wichtiges Triebwerk lässt sich bislang nicht einschalten. Dennoch wollen die Ingenieure die Landung wagen.
  • Das Manöver gilt als Meilenstein für die Raumfahrt. Zehn Jahre lang war Rosetta zu 67P unterwegs.

Das Landemodul Philae hat sich erfolgreich von der Raumsonde Rosetta abgekoppelt, jetzt beginnt die finale Phase der Kometenmission. In wenigen Stunden soll Philae nach einer zehnjährigen Reise auf dem Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko aufsetzen. Das Manöver wird von der Europäischen Weltraumorganisation (Esa) als Meilenstein betrachtet. Manche Experten vergleichen es mit der Mondlandung 1969.

Die Abkopplung folgte auf eine ereignisreiche Nacht für die Esa. Bei der technischen Überprüfung des Landemoduls fiel den Ingenieuren auf, dass eine wichtige Düse scheinbar nicht funktioniert. Dieses sogenannte "Active Descent System" sollte im Moment des Aufsetzens zünden und so verhindern, dass die Sonde vom Boden abprallt. Dennoch gaben die Missionsverantwortlichen grünes Licht - Philae ist nun unterwegs zum Kometen. Nach dem Abkoppeln funkte Philae nach Esa-Angaben bereits Signale zur Erde - das Manöver scheint also funktioniert zu haben, die Sonde ist auf Kurs.

"Wir brauchen etwas Glück"

Wenn alles nach Plan läuft, feuert Philae direkt nach dem Aufsetzen auf dem Landeplatz "Agilkia" zwei Harpunen in den Kometenboden, um sich festzukrallen. "Das Kaltgas-Triebwerk am Kopf des Landers scheint nicht zu funktionieren, also müssen wir uns voll auf die Harpunen verlassen", sagte Stephan Ulamec, Philae-Manager am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). "Wir brauchen etwas Glück, dass wir nicht auf einem Brocken oder einem Abhang landen." Der Lander sei nun auf sich allein gestellt, von der Erde aus könne nicht mehr eingegriffen werden. Philae ist so programmiert, dass bereits beim Absinken auf den Kometen erste Fotos gemacht werden sollen.

So sieht der Komet aus zehn Kilometern Entfernung aus (Foto: ESA/Rosetta/NAVCAM – CC BY-SA IG)

Die Sonde Rosetta ist etwa 510 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Sie war 2004 mit einer Ariane-5-Rakete vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana gestartet. Gesteuert wird Rosetta vom Satelliten-Kontrollzentrum Esoc in Darmstadt.

Anlässlich der Landung treffen sich im Kontrollzentrum viele Verantwortliche der europäischen Raumfahrt. Mit der Mission wollen Wissenschaftler Daten über die Entstehung des Sonnensystems gewinnen; Kometen sollen noch Materie aus dieser Zeit enthalten. Die Forscher erhoffen sich auch Hinweise auf die Entstehung des Lebens, etwa durch den Nachweis von organischen Molekülen wie Aminosäuren. Nie zuvor gab es eine Landung auf einem Kometen.

Geruch nach faulen Eiern

Der Darmstädter Esa-Direktor für bemannte Raumfahrt und Missionsbetrieb, Thomas Reiter, schätzt, dass die Erfolgsaussichten der Kometenlandung bei etwa 50 Prozent liegen. "Es ist schon mit gewissen Risiken behaftet", sagte der Experte. "Man muss sehr präzise navigieren in dieser unglaublichen Entfernung."

So wird das Landemanöver ablaufen - wenn alles gutgeht (Foto: Esa)

So interessant 67P/Tschurjumow-Gerassimenko für die Wissenschaft auch sein mag, Urlaub möchte auf dem Kometen wohl niemand machen. Es ist dort kalt, dunkel und es riecht streng - unter anderem nach faulen Eiern. "Tschuri", der einem kilometergroßen Quietsche-Entchen ähnelt, wurde 1969 entdeckt. Wo der Brocken herkommt, ist unklar. Als wahrscheinlicher Herkunftsort gilt aber der sogenannte Kuipergürtel am Rande des Sonnensystems.

"Tschuri" braucht fast sieben Jahre, um einmal die Sonne zu umrunden. Dabei nähert er sich unserem Heimatstern bis auf 195 Millionen Kilometer. Zum Vergleich: Erde und Sonne trennen etwa 150 Millionen Kilometer. "Je näher der Komet zur Sonne kommt, desto mehr verdampft von seinem Eis, und umso stärker wird seine Ausgasung", sagt Kathrin Altwegg von der Universität Bern.

Der Countdown zur Landung läuft - verfolgen Sie die Bemühungen der Esa-Ingenieure live ab 14 Uhr auf SZ.de. Aus dem europäischen Raumflugkontrollzentrum (Esoc) in Darmstadt berichtet Hanno Charisius, im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln wird Alexander Stirn das Manöver für Sie beobachten.

© Süddeutsche.de/dpa/Reuters/AFP/chrb - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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