Tigerpenis, Raubtierknochen, Zähne, Klauen, geriebenes Nashorn vom Rhinozeros - die Palette vermeintlicher Wundermittel zur Heilung zahlreicher Leiden, von Potenzstörungen über Rheuma, Entzündungen bis hin zum Krebs, ist in Asien sehr groß. Allerdings ist die Zahl der Tiere, die den Stoff für diese im besten Fall umstrittenen Heilmethoden liefern, dramatisch geschrumpft. Nashörner und Tiger sind vom Aussterben bedroht. Entsprechend drastisch fiel die Kritik von Natur- und Artenschutzverbänden aus, als bekannt wurde, dass China nun wieder den Handel mit Tigerknochen und Nashornteilen erlaubt, den Peking 25 Jahre lang verboten hatte.
Das chinesische Kabinett beschloss am Montag, den Handel "unter besonderen Bedingungen" wieder zu erlauben. Mitgeteilt wurde das in einer knappen schriftlichen Stellungnahme. Die Ausnahme für das 1993 in Kraft gesetzte Verbot gilt demnach für zertifizierte Krankenhäuser und Ärzte. Sie dürfen künftig Knochen und Hörner von Tieren nutzen, die in Gefangenschaft auf Farmen gezüchtet wurden.
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Zunächst gab es keine Antwort auf die Frage, weshalb das bestehende Verbot gelockert wird, Nachfragen liefen anfangs ins Leere. Am Dienstag dann doch ein erster Erklärungsversuch in Peking: Der Schutz gefährdeter Arten sei Chinas "konsistente Position", sagte ein Sprecher des chinesischen Außenamts. Die Änderungen zielten darauf ab, Lücken in früheren Verordnungen zu schließen. China habe die Bedenken zur Kenntnis genommen und sei bereit, den Austausch mit anderen Ländern zu intensivieren.
Wilderer und Schmuggler können sich nun hinter dem legalisierten Handel verstecken
Diese Erklärung konnte die großen Irritationen kaum ausräumen. Gerade erst hatte Peking ein Verbot für den Handel mit Elfenbein verfügt und war dafür weltweit gelobt worden. Nun kommt eine überraschende Wende beim Handel mit Nashorn- und Tigerknochen. Der World Wildlife Fund (WWF) verurteilte die Abkehr vom Handelsverbot scharf. Wildbiologin Margaret Kinnaird warnte, dass damit eine Entwicklung in Gang gesetzt werde, die "global verheerende Konsequenzen haben wird". Sie sprach von einem "enormen Rückschritt" für die Anstrengungen, Nashörner und Tiger in der Wildnis zu schützen. Denn Wilderer und Schmuggler erhielten damit die Gelegenheit, sich hinter legalisiertem Handel zu verstecken. Experten warnen, dass der Bedarf an diesen Mitteln so groß sei, dass er nur zu einem Bruchteil durch gezüchtete Tiere gedeckt werden könne.
Chinas Schritt fällt in eine Zeit, in der sich zumindest einige wilde Tigerpopulationen, etwa in Indien, wieder stabilisiert haben. In Südostasien steht es um die Raubkatzen schlechter, weil ihre Lebensräume schrumpfen und die illegale Jagd nicht in den Griff zu bekommen ist. Ähnlich schwer ist es, das Wildern von Nashörnern in Afrika zu stoppen. Der illegale Wildtierhandel ist hoch organisierte Kriminalität, deren Netzwerke sind häufig technisch weit besser ausgestattet als etwa die Wildhüter, die in der afrikanischen Savanne versuchen, Nashörner vor der Mafia zu schützen. Von diesen Tieren leben in Afrika noch etwa 25 000, in Asien noch 4000. Die Zahl der noch wild lebenden Tiger wird auf etwa 3800 geschätzt.