Automatische Waffensysteme:Wenn Maschinen Menschen töten

Die nächste Generation von Waffen entscheidet selbständig, wann sie zuschlägt. Die Verlockungen dieser automatisierten Kriegsführung sind groß. Deswegen braucht es rasch internationale Gesetze.

Von Robin Geiß

An Südkoreas streng bewachter Grenze patrouillieren sie schon heute: Roboter, autonom, selbstgesteuert, mit Infrarot-Augen, in den Diensten des Militärs. Über Israels Bergen und Tälern gleiten sie bereits durch die Lüfte: die Drohnen des Typs Harpy haben ein Robotergehirn, das keine Befehle mehr von außen braucht, um gegen Feinde loszuschlagen. Die Harpy kann gegnerische Radarstellungen selbständig erfassen und angreifen, ohne dass ein Mensch noch gefragt zu werden braucht.

Viele Staaten, allen voran die USA, interessieren sich seit geraumer Zeit für sogenannte autonome Waffensysteme. Bei den UN in Genf traf sich deshalb im vergangenen Monat schon zum zweiten Mal eine Runde hochkarätiger Experten. Unter großem Zeitdruck bemühen sie sich, diese neue Entwicklung in das bestehende humanitäre Völkerrecht einzubinden.

Bei diesen Verhandlungen hat sich gezeigt, dass ein komplettes Verbot international wenig Aussicht auf Erfolg hat. Die neue Generation der Waffentechnologie ist für viele Streitkräfte viel zu verlockend. Deshalb bleibt nur, sich mit den Konsequenzen der bevorstehenden militärtechnologischen Zeitenwende möglichst rasch vertraut zu machen. In der Hoffnung, sie noch rechtlich einzuhegen.

Autonome Waffensysteme sollen lernfähig werden

Technisch sind die neuen Waffen weit mehr als nur eine schlichte Fortentwicklung: Autonome Waffensysteme gehen über die seit Jahren diskutierten ferngesteuerten Drohnen einen entscheidenden Schritt hinaus, mit ihnen gibt das Militär erstmals die Zielauswahl und die Entscheidung für das Abfeuern einer Waffe wortwörtlich aus der Hand.

Gewiss, auch Roboter werden von Menschen programmiert, sodass letztlich jede ihrer Aktionen auf einen menschlichen Entscheidungsträger zurückzuführen ist. Aber langfristig weisen die Ambitionen der Waffenentwickler weit darüber hinaus: Anders als Selbstschussanlagen, die besonders in Deutschland noch in schmerzlich naher Erinnerung sind, sollen vollautonome Waffensysteme in Zukunft lernfähig werden. Sie könnten dann in weitaus komplexeren Szenarien zum Einsatz kommen. Szenarien, in denen sie auch auf unvorhergesehene Ereignisse flexibel reagieren müssten. Bislang gibt es derartige Waffensysteme noch nicht.

Die Debatte, in der es um die Zukunft der Kriegsführung geht, ist natürlich spekulativ. Das liegt schon an der Geheimhaltung, die alle militärischen Neuentwicklungen umgibt. Aber der Trend hin zu immer mehr Autonomie ist in der Militärtechnologie klar erkennbar.

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