Artenschutz:Die Pest der Taiga

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Eine Saiga-Antilope mit zwei Jungen. Aufgrund eines Virus sind bereits mehr als 200 000 Tiere gestorben. (Foto: Mauritius Images)

Die Saiga-Antilope weidete bereits in den Steppen Asiens, als dort noch das Wollhaarmammut heimisch war. Nun bedroht ein Virus das Überleben der Tiere.

Von Hanno Charisius

Die Saiga-Antilope weidete bereits in den Kältesteppen Europas und Asiens, als dort noch das Wollhaarmammut heimisch war. Die Mammuts sind nun schon lange verschwunden. Was auch immer sie ausgelöscht hat - der jagende Mensch, der Säbelzahntiger, Klimaveränderungen oder alles zusammen - die Saigas haben es überlebt, es gibt sie noch heute. Doch seit einigen Monaten setzt den Herdentieren mit der auffälligen Rüsselnase ein Virus zu.

Seit Dezember sterben in der westmongolischen Provinz Chowd-Aimag viele Saigas. Bis Ende Januar wurden 2500 tote Antilopen gezählt, das ist ein Viertel des gesamten Bestandes in der Mongolei. Autopsien der Kadaver bestätigten den Verdacht, dass die Tiere der sogenannten Pest der kleinen Wiederkäuer erlagen.

Diese Viruskrankheit befällt vor allem Schafe und Ziegen und dezimiert insbesondere in Afrika das Vieh der Bauern. Bislang hatte dieses Virus keine wild lebenden Antilopen befallen. Vermutlich haben sich die Saigas den Erreger durch Kontakt mit Ziegen eingefangen, die mit ihnen auf der Steppe grasen. Experten fürchten, dies könnte das Ende dieser Spezies sein.

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Ende der 1990er Jahre waren die Tiere fast ausgerottet

Während der letzten Eiszeit lebten die Saigas noch weit über die Nordhalbkugel verteilt, sie hatten es sogar bis nach Nordamerika geschafft. Auch in Deutschland stoßen Archäologen auf Knochen der archaischen Tiere. Ihre Zahl ging wahrscheinlich in die Millionen, zusammen mit anderen Pflanzenfressern hielten sie die sibirische Ebene einst baumfrei. Illegale Jagd und die Zerstörung ihres Lebensraumes rotteten die Art jedoch Ende der 1990er-Jahre schon einmal fast aus. Aufwendigen Schutzprojekten ist es zu verdanken, dass überhaupt noch Saigas leben.

Neben dem Menschen hat die Antilope eben noch weitere gefährliche Feinde: Viren, wie in diesem Winter, und Bakterien. Im Frühjahr 2015 kam es in der bis dahin größten Saiga-Population in Kasachstan zu einem Massensterben. Von 242 000 Tieren verendeten 200 000 in weniger als vier Wochen.

Über die Ursache spekulieren Tierärzte bis heute: Bakterien der Art Pasteurella multocida, die oft in den Atemwegen der Saigas leben, ohne großen Schaden anzurichten, könnten sich durch veränderte Umweltbedingungen plötzlich in tödliche Krankheitserreger verwandelt haben.

Das kommende Frühjahr wird eine kritische Phase für die verbliebenen Tiere. Dann sammeln sie sich zum Kalben und um die Jungtiere aufzuziehen. In dieser Phase ist das Übertragungsrisiko groß, und das Virus könnte aus der Mongolei auf die Gruppen in Kasachstan überspringen. Je weniger Tiere es gibt, desto weniger wahrscheinlich ist es, dass sich die Bestände noch einmal erholen können. Erwächst eine Population aus zu wenigen Tieren, ist die Gefahr durch Krankheiten besonders hoch.

© SZ vom 24.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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