Artenschutz:80 Milliarden Dollar könnten die Vielfalt bewahren

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Wissenschaftler haben ausgerechnet, was es kosten würde, bestehende Naturschutzgebiete der Erde zu erhalten und neue einzurichten. Die Summe klingt gigantisch - aber schon für Erfrischungsgetränke geben wir fünfmal mehr aus.

Juliette Irmer

Nicht immer sehen Naturschutzgebiete spektakulär aus. Doch sie sind wichtig. Sie zu erhalten, erscheint teuer. Doch der Eindruck täuscht. (Foto: Robert Haas)

80 Milliarden Dollar im Jahr - so viel würde es kosten, bestehende Naturschutzgebiete der Erde zu erhalten und neue einzurichten. Auf den ersten Blick wirkt diese Summe gigantisch. Doch sie entspricht weniger als 20 Prozent der weltweiten Ausgaben für Erfrischungsgetränke, wie ein Team von Wissenschaftlern um Donal McCarthy von Bird Life International im Fachjournal Science (online) schreibt.

Es sei zudem nur ein winziger Bruchteil des Werts, den die Arten und Lebensräume einbrächten. Vor zwei Jahren hatte sich die internationale Staatengemeinschaft auf 20 Ziele geeinigt, um bis 2020 den Rückgang der Biodiversität zu stoppen.

"Man hat aber offengelassen, wie das finanziert werden soll. Deshalb weiß keiner, wie viel das kosten wird", erläuterte der Biologe Martin Schaefer von der Universität Freiburg, der an der Untersuchung beteiligt war. Mit ihrer Veröffentlichung wollen er und seine Kollegen den Regierungen nun Zahlen an die Hand geben. Im indischen Hyderabad tagt derzeit die internationale Staatengemeinschaft, um die Umsetzung der ehrgeizigen Pläne von 2010 zu verhandeln.

Die nun von der Gruppe um den Umweltökonomen McCarthy publizierte Kostenschätzung haben die Forscher anhand von Daten zu Vögeln erstellt. Sie errechneten, dass die Kosten zur Reduktion des Aussterberisikos aller gefährdeten Vogelarten bei gut einer Milliarde Dollar jährlich liegen - wovon aktuell nur zwölf Prozent finanziert sind.

Um das Aussterben aller bedrohten Tier- und Pflanzenarten zu stoppen, wären etwa vier Milliarden Dollar pro Jahr nötig. Diese Kosten würden bei der Kontrolle invasiver Arten, der Eindämmung der Wilderei und der Koordination von Forschungs- und Zuchtprogrammen anfallen. Um neue Schutzgebiete zu schaffen und bestehende zu erhalten, würden weitere 76 Milliarden Dollar jährlich anfallen, so die Wissenschaftler.

Bird Life International identifizierte in den vergangenen Jahrzehnten weltweit 11 731 Important Bird Areas (IBA). IBA sind für Vögel bedeutende Gebiete, die nach internationalen Kriterien eingestuft werden und oft als Vorschlagslisten für künftige Naturreservate dienen. Momentan stehen nur knapp ein Drittel der IBA unter Schutz.

Rote Liste der bedrohten Arten
:Ein wenig Hoffnung

Die Zahl der vom Aussterben bedrohten Arten wächst. Doch der Einsatz gegen die Ausrottung zahlt sich manchmal auch aus: Wie die Weltnaturschutzorganisation IUCN meldet, konnte eine bereits ausgerottete Art erfolgreich ausgewildert werden.

Das Bewahren aller als IBA identifizierten Gebiete hätte laut der Studie gleich zwei Vorteile: Es stünden weltweit die als Biodiversitätsziel 2020 vorgesehenen 17 Prozent Landfläche unter Schutz. Gleichzeitig würde ein Großteil anderer Arten gerettet.

"Die Studie zeigt, dass der Schutz wichtiger Vogelgebiete auch fast drei Viertel der Gebiete unter Schutz stellt, die für Fische, Säuger, Amphibien und Pflanzen wichtig sind", sagt Schaefer. "80 Milliarden Dollar klingen nach viel Geld. Aber es ist eine Investition, keine Rechnung. Unsere Umwelt zu erhalten, ist wirtschaftlich notwendig", sagt Stuart Butchart von Bird Life International. Weiter tatenlos zu bleiben, käme am Ende noch teurer.

© SZ vom 12.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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