Wenn Marie Jackson über Beton spricht, geht es nicht um Keller, Lärmschutzwände oder Wolkenkratzer, sondern um eine Reise in die Vergangenheit, zu den Betonbauwerken des Römischen Reichs, zu Tempeln und Theatern - und zu einem haushohen Betonklotz vor der Küste Italiens nahe Neapel.
"Dieser Wellenbrecher ist noch intakt, obwohl er mehr als 2000 Jahre lang Meerwasser und Wellen ausgesetzt war", sagt die Forscherin der University of California, Berkeley. Sie zeigt eine Probe des Materials vom Format einer Konservendose und mit einer Oberfläche, die an eine glattgeschliffene Waschbetonplatte erinnert. "Das ist das beständigste Material der Welt", schwärmt sie. Und es ist deutlich klimafreundlicher herzustellen als Beton von heute.
Ursprünglich haben Phönizier und Griechen den Beton erfunden, aber die Römer haben den Baustoff im zweiten oder dritten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung technisch und wirtschaftlich zur Perfektion getrieben. Ihr "Opus caementitium" war eine Mischung aus Kalk, Sand, Vulkanasche (Puzzolane) sowie Kieseln und härtete mit Wasser zu einem steinharten Material aus.
Aus archäologischen Untersuchungen und zeitgenössischen Schriften verschiedener Baumeister wissen Historiker und Materialforscher heute einiges über die antiken Rezepturen und Bautechniken. Der Architekt Vitruv etwa beschreibt in seinem Werk "De Architectura" unter anderem den Bau eines Wellenbrechers, nennt Materialien und skizziert sogar den Aufbau der kastenförmigen Unterwasser-Holzverschalung.
Schnitt durch ein antikes Betonstück aus dem Meer vor Neapel
(Foto: Carol Hagen)"Aber wir wissen noch längst nicht alles", sagt Jackson. So war bis vor Kurzem unklar, was genau den altrömischen Beton physikalisch und chemisch so widerstandsfähig macht. Deshalb haben die Forscher aus Kalifornien ihre Wellenbrecherprobe mit Teilchenbeschleunigern, Röntgenstrahlern, Spektroskopen und Mikroskopen gründlich durchleuchtet.
Beteiligt waren auch Wissenschaftler aus New York, Italien, Frankreich, Deutschland, Saudi-Arabien und der Türkei. Das internationale Team hatte dabei vor allem Kristalle im Visier, die man Jackson zufolge nur im römischen, nicht aber im modernen Beton findet: Aluminium-Tobermorit.
Wie die Forscher im Fachblatt Journal of the American Ceramic Society berichten, sind diese Kristalle deutlich druckfester als vergleichbare Strukturen im konventionellen Beton. "Das Material scheint außerdem eine bindende Funktion zu haben und ist fest in die zementierende Matrix integriert", berichtet Jackson.